Berliner Hausmannskost auf fancy, im höchsten Gebäude der Stadt, bei 360‑Grad‑Panorama‑Blick auf einer sich drehenden Plattform – das kann es ja gar nicht wirklich geben. Gibt’s aber doch, und zwar im „Sphere“ im Fernsehturm. Irgendwo zwischen bodenständig und raffiniert versucht sich Sternekoch Tim Raue daran, kulinarische Meisterwerke in einer der bekanntesten Sehenswürdigkeiten der Stadt zu servieren. Gelingt ihm das?
Lohnt sich der Besuch im drehenden Restaurant im TV-Turm Berlin?






Das Restaurant im Berliner Fernsehturm gehört seit Jahrzehnten zu den bekanntesten Attraktionen der Stadt. Mit der Übernahme durch Tim Raue im Juni 2025 ist es nun auch kulinarisch eine feste Adresse. Statt nur kurz für ein Foto nach oben zu fahren, genießt man hier ein mehrgängiges Menü, während Berlin langsam an einem vorbeizieht.
Die Plattform dreht sich angenehm gemächlich, eine Umdrehung pro Stunde, sodass einem dabei weder schwindelig noch schlecht wird. Serviert werden moderne Interpretationen klassischer Berliner Küche auf hohem Niveau. Ab 44 Euro gibt es ein Drei-Gänge-Menü auf 207 Metern Höhe, auf Wunsch mit Weinbegleitung und beeindruckendem Rundumblick.
Fototipp: Man kommt kaum darum herum, dass andere Gäste mit auf dem Foto landen, außer man sitzt direkt am Fenster. Dort hat man die Chance auf ein Bild ohne andere Personen. Besonders schön wirken Fotos, die am Abend bei Sonnenuntergang aufgenommen werden.
Anreise nach Berlin-Mitte
| Lage: | Berlin-Mitte |
| Anreise: | ÖPNV bis Alexanderplatz |
| Eintritt: | ab 33,50 Euro |
| Art des Restaurants: | Sterneküche |
| Höhe: | 207 Meter |
Mit der S-Bahn fahre ich bis zum Alexanderplatz, einem der bekanntesten Plätze der Hauptstadt. Den Fernsehturm kann man dort nicht übersehen, schließlich ist er das höchste Gebäude der Stadt. Also: einfach nach oben gucken.
Im Eingangsbereich reihen sich Souvenirshops, in denen sich alles um das Wahrzeichen dreht: Fernsehturmtrinkflasche, Fernsehturmnudeln, Fernsehturmplätzchenausstecher usw. Bevor es nach oben geht, muss ich durch eine kurze Sicherheitskontrolle, wie am Flughafen. Danach bringt mich ein Aufzug in rasantem Tempo in die Höhe. Ich bekomme richtig Druck auf den Ohren, wie im Flugzeug. Oben angekommen, erhalte ich ein kleines Kärtchen mit meiner Tischnummer: Platz 8, direkt am Fenster.
Up-Aer-Ol statt Aperol
Vom Aufzug aus führt ein kurzer Gang direkt in den Speisesaal, der sich langsam um die eigene Achse dreht. Beim Eintreten schwappt gedämpftes Licht von den Tischlampen – in Fernsehturmform – und von den großen Fensterfronten zu mir. Die Einrichtung ist schlicht und irgendwie trotzdem chic. Ich nehme meinen Platz am Fenster ein und probiere vorweg einen Aperitif: Up-aer-ol. Nicht nur ein schmunzeliger Wortwitz, sondern auch wirklich lecker. Er besteht aus einem Berliner Aprikosenlikör, Sekt und Tonic Water. Während ich meinen Platz suche, fällt mein Blick immer wieder nach draußen. Ich drehe am Reichstag, dem Tempelhofer Feld und dem Tiergarten vorbei.
In der Spree tuckern ein paar Schiffe umher, im Zwei-Minuten-Takt fährt eine S-Bahn unter mir durch die Stadt. So langsam ist auch der Hunger da. Meine Begleitung und ich bestellen zwei Menüs: einmal das vegane, bestehend aus marinierter Roter Bete, einem fleischlosen Steak und roter Grütze mit Eis und knusprigen Mini-Baisers. Das andere Menü stellen wir selbst zusammen: Vorweg gibt es ein deutsches Vitello Tonnato, bestehend aus Kalbsbraten und Räucherforellensoße. Als Hauptspeise gibt es Königsberger Klopse und zum Nachtisch ein Käsekuchenmousse mit einer Kugel Eis in der Mitte.
Die geilste vegane Fleischgeschichte ever
Und dann kommen die kulinarischen Höhepunkte des Abends: Meine Begleitung probiert das vegane Steak und macht große Augen. „Das ist die geilste vegane Fleischgeschichte, die ich jemals gegessen habe“, sagt sie und schneidet sich direkt noch ein Stück ab. Und sie hat recht: Struktur, Aussehen, Geschmack – alles passt. Besseres veganes Fleisch haben wir beide noch nie gegessen. Die Königsberger Klopse stehen dem in nichts nach: buttrige Semmelbrösel, ein kleines Meer aus brauner Soße, dazu eine Insel Kartoffelpüree.
Die Portionen sind nicht riesig, wie in der Spitzenküche üblich, trotzdem sind wir schon ziemlich satt. Aber Nachtisch geht immer. Die vegane Grütze ist süß-sauer und schmeckt am besten zusammen mit der Creme aus veganer Kondensmilch. Dazu ein Johannisbeersorbet, das wir in Sekundenschnelle weglöffeln. Auch das Käsekuchenmousse überzeugt, besonders in Kombination mit Rhabarberkompott, Erdbeereis und ein paar Butterstreuseln.
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Fazit
Am Ende des Abends streicheln wir uns selig unsere vollen Bäuche. Tim Raue und sein Team beweisen, dass Berliner Hausmannskost richtig spannend sein kann, modern interpretiert, überraschend kreativ und trotzdem irgendwie vertraut. Dazu kommt der Rundumblick über Berlin, der sich während des Essens langsam dreht, und ein Service, der aufmerksam und sehr, sehr freundlich ist. Wer Lust auf gutes Essen, ein bisschen Staunen und den wohl spektakulärsten Blick über die Hauptstadt hat, sollte sich einen Tisch im Sphere Tim Raue reservieren.
Mit dem Ticket, einem Menü und zwei Getränken ist man schnell bei 100 Euro. Das ist vielleicht nichts für jeden Tag, aber vielleicht etwas für einen besonderen. Im Anschluss oder natürlich auch vor dem Essen könnt ihr euch übrigens die East Side Gallery ansehen.
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