Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahmen US-Truppen die Überwachung an der Grenze zur sowjetischen Besatzungszone. 39 Jahre lang war Point Alpha einer der wichtigsten Beobachtungsposten der Amerikaner und ein heißer Punkt im Kalten Krieg. Hier standen sich NATO und Warschauer Pakt direkt gegenüber, und das „Fulda Gap“ galt als potenzielle Einfallschneise für einen Angriff des Warschauer Pakts. Kommt mir an diesen interessanten Ort zwischen Hessen und Thüringen.
Lohnt sich ein Besuch der Gedenkstätte am Point Alpha?





Wo bisher nur die Militärpolizei wachte, baute 1951 das 14. Panzeraufklärungsregiment den „Observation Point Alpha“ in exponierter Lage im hessischen Rasdorf, unmittelbar an der Grenze. Zwischen 40 und in Krisensituationen bis zu 200 Soldaten waren hier stationiert. Die Baracken stehen noch und beherbergen heute zwei Dauerausstellungen. In der Ausstellung „Kalter Krieg“ sieht man die militärische Ausstattung der US-Armee: Militärfahrzeuge, Panzer, Hubschrauber, Waffen, Ausrüstung und weiteres militärisches Gerät – hier kann sich der Besucher ein umfassendes Bild machen.
Außerdem gibt es die Ausstellung „Everyday Life“, die das Alltagsleben der US-Truppen zeigt. Hier geht es vorwiegend um die menschliche Komponente: Gefangen in der Einöde der abgesperrten Grenzregion, 24-Stunden-Dienste, weit weg von Heimat und Familie, ohne Besuch und Abwechslung. Und immer die gegnerischen Truppen vor der Nase. Den Sowjets bzw. NVA-Soldaten war jeglicher Kontakt strengstens verboten. Die US-Soldaten jedoch kommunizierten durchaus, zum Beispiel mit Plakaten zu Weihnachten, die sie in Sichtweite des Gegners aufhängten. War das nun Provokation oder ein Akt der Menschlichkeit? Ich weiß es nicht.
Fototipp: Bei tiefstehender Sonne kommen die Skulpturen am Weg der Hoffnung besonders gut zur Geltung. Eindrucksvoll sind auch die Wachtürme am Kollonenweg.
Anreise zum Point Alpha
| Lage: | zwischen Geisa und Rasfeld |
| Fläche: | 100.000 m² |
| Must-See: | US-Camp |
| Beste Reisezeit: | ganzjährig |
| Must-do: | Spaziergang auf dem Weg der Hoffnung |
Die Anreise zum Point Alpha mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist nicht ganz unkompliziert, da Züge aus weiter entfernten Orten nur in relativ großen Abständen hierher fahren. Mit der Bahn geht es zuerst bis Hünfeld und von dort aus weiter mit den Buslinien 120 oder 77 bis zur Haltestelle „Point Alpha“.
Wenn du mit dem Auto anreist, gibst du die Adresse am besten in dein Navi ein. Das Parken ist auf zwei Parkplätzen, am US-Camp oder am Haus an der Grenze, kostenlos möglich. Auch Ladestationen für Elektrofahrzeuge sind vorhanden.
Über den Kolonnenweg zum Camp
Als ich im thüringischen Ort Geisa ankomme, ist es bereits später Vormittag, und die Sonne scheint in erbarmungsloser Hitze vom stahlblauen Himmel. Der Parkplatz ist voll, doch von den vielen Menschen ist nicht viel zu sehen. Das Gelände ist riesig. Der erste Blick fällt fast zwangsläufig auf das „Haus an der Grenze“. Der moderne Flachbau mit seiner Fassade aus Glas und viel blauer Wand beherbergt die Besucherinformation sowie die Dauerausstellung „Geschichte der deutschen Teilung“.
Was mir jedoch am meisten auffällt, sind die Zitate, die in übergroßer Schrift an der Hauswand stehen: „Wer unsere Grenzen nicht respektiert, der bekommt unsere Kugel zu spüren.“ „…Grenzdurchbrüche nicht zulassen, Grenzverletzer vorläufig festzunehmen oder zu vernichten…“. Was daraus am Ende wurde, wissen wir heute: 327 DDR-Bürger starben an der 1.400 km langen deutsch-deutschen Grenze.
Immer wieder macht es mich fassungslos, wenn ich daran denke, und auch heute treffen mich diese Sätze tief ins Innere. Mit einem Kloß im Hals und einem flauen Magen mache ich mich auf den Weg in Richtung Norden. Der alte Kolonnenweg, ein typischer Plattenweg, auf dem die Soldaten patrouillierten, ist recht lang, und so bin ich eine Weile bis zum US-Camp unterwegs.
Zeit, die Worte sacken zu lassen und sich in der wärmenden Sonne wieder aufzurichten. So erreiche ich die Grenzanlagen, von denen Teile im Original erhalten sind, andere in ihren verschiedenen Ausbaustufen rekonstruiert wurden. Vom Stacheldraht bis zum Streckmetallzaun mit Hundelaufanlage und Kfz-Sperrgraben ist alles dabei.
Doch anders als damals öffnet sich heute der Zaun, und ich erreiche den Eingang zum US-Camp. Im Camp gibt es viel zu sehen. Durch die Großzügigkeit der Anlage herrscht kein Gedränge, und ich habe genügend Raum, um entspannt Schilder zu lesen und Exponate zu betrachten.
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Vom Todesstreifen zur Lebenslinie
Wieder am Haus an der Grenze angekommen, finde ich am Denkmal für den Frieden kurz Ruhe. Ich nehme an dem runden Betontisch mit Worten unserer Nationalhymne Platz, und über mir dreht sich eine Spirale mit dem Wort „Frieden“ in mehreren Sprachen. Die Sonne ist schon deutlich am Himmel gesunken.
Im Haus an der Grenze behandelt die Ausstellung die deutsche Teilung in mehreren Aspekten: von der Zwangsaussiedlung und den „geschleiften Höfen“ in den Grenzregionen, über den Ausbau der Grenzanlagen, inklusive des Einsatzes von Splitterminen und Selbstschussanlagen, die Arbeit der Grenztruppen bis hin zum Schießbefehl. Was für eine dunkle Zeit in unserer Geschichte!
Doch auch der Freiheitskampf und die Friedliche Revolution werden thematisiert, bis es schließlich heißt: „Vom Todesstreifen zur Lebenslinie“. Denn nach all dieser Grausamkeit wurden die Grenzanlagen nicht einfach nur abgerissen, und es wurden nicht nur vereinzelt Denkmäler aufgestellt. Die komplette deutsch-deutsche Grenze ist heute ein Naturdenkmal.
Da, wo damals Mauern und Zäune standen, verläuft heute das Grüne Band unter dem Motto „Grenzen trennen, Natur verbindet“. Was für ein wunderbarer Gedanke!
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Der beeindruckende Weg der Hoffnung
Das Grüne Band: 1.400 km Naturschutzgebiet mitten durch Deutschland, vom Dreiländereck Bayern-Sachsen-Tschechien bis zur Ostsee. Und genau auf diesem Band wurde ein Mahnmal der besonderen Art geschaffen – der Weg der Hoffnung.
14 eiserne, geschmiedete und geschweißte Skulpturen stellen den Kreuzweg Jesu dar, einen Schicksalsweg, der schließlich mit Hoffnung und Befreiung endet. Auch wenn ich nicht besonders religiös bin, bringen mich die Skulpturen zum Nachdenken.
Welche Opferbereitschaft und gleichzeitig welche Hoffnung die Menschen auch während der friedlichen Proteste verband und wie sie am Ende mit Liebe und Gewaltlosigkeit dieses System zum Einsturz brachten. Der Weg der Hoffnung berührt mich! Währenddessen nähert sich die Sonne in meinem Rücken langsam dem Horizont, und die Blüten der Wiesenblumen werden in ein warmes Licht getaucht. Was für ein versöhnliches Ende!
Wer möchte, kann den Weg der Hoffnung ca. 3 km bis zum Wiesenfelder Turm gehen, einem original erhaltenen Beobachtungsturm der NVA. Ich kehre irgendwann um, denn das 100.000 m² große Gelände fordert doch ziemlich viele Schritte, und so langsam machen sich meine Füße bemerkbar.
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Fazit
Die Gedenkstätte „Point Alpha“ ist eine der größten und umfangreichsten ihrer Art und ein lebendiges Zeugnis der Geschichte. Die originalen oder rekonstruierten Anlagen, die Ausstellungen, die Kunstobjekte und nicht zuletzt der Weg der Hoffnung geben dem Besucher einen umfassenden Einblick in die Geschichte der deutschen Teilung. Dabei geht es um Fakten und Informationen, ebenso wie um menschliche Aspekte und darum, den Betrachter zum Nachdenken anzuregen. Während meines Besuchs durchlebe ich ein Wechselbad der Gefühle: Fassungslosigkeit, Trauer, Wut, Hoffnung, Freude und Mitgefühl – und schließlich Dankbarkeit für den Frieden in unserem Land und unsere Freiheit! Ich kann dir den Besuch am Point Alpha nur empfehlen! Egal, ob du das Gelände auf eigene Faust erkundest oder an einer Führung teilnimmst, du wirst auf jeden Fall viele neue Eindrücke sammeln.
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