Die Berliner Mauer, Checkpoint Charlie und Plattenbausiedlungen. Die DDR ist in Berlin immer noch allgegenwärtig. Wenn Besucher wissen, worauf sie achten müssen. Was allerdings im Hintergrund der DDR-Diktatur und hinter dem eisernen Vorhang passierte, das ist etwas schwerer zu finden. Denn natürlich war (und ist) den Verantwortlichen nicht daran gelegen, dass dies an die Öffentlichkeit kommt. Aber in der Gedenkstätte Hohenschönhausen, einem ehemaligen Stasi-Gefängnis, werden diese Verbrechen aufgedeckt.

Lohnt sich der Besuch im Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen?

Es ist vier Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges, als die sowjetische Besatzungszone in Deutschland zu einem neuen Land wird. Zur Deutschen Demokratischen Republik. Und mit ihr entsteht die Stasi, die Staatssicherheit, ein totalitäres Überwachungssystem, das sich durch die gesamte Gesellschaft zieht.

Jeder und jede könnte ein Spitzel oder Informant sein. Anderen Menschen vertrauen und offen mit ihnen zu sprechen, ist in der DDR schwierig. Denn wer den Falschen vertraut oder die falsche politische Attitüde etwas zu laut sagt, der landet in Stasi-Gefängnissen wie Hohenschönhausen.

Heute befindet sich hier die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen im Bezirk Lichtenberg in Berlin. Sie ist auf dem Gelände des ehemaligen zentralen Untersuchungsgefängnisses der Staatssicherheit (Stasi) der DDR angelegt, das von 1951 bis 1989 in Betrieb war. Rund 10.000 Häftlinge verbrachten hier ihre Zeit in Untersuchungshaft.

Fototipp: Für den offensichtlich gruseligen Vibe bieten sich die alten Gefängniszellen aus sowjetischen Zeiten im Keller an. Einfach an das Ende des moderigen Ganges stellen und die offenstehenden, rostigen Zelltüren fotografieren. Das Dämmerlicht und die niedrige Decke tut ihr übriges, um eine beklemmende Atmosphäre zu schaffen.

Anreise nach Hohenschönhausen

Lage:Ost-Berlin
Anreise:Linie M6 und 16
Must-Do:Tour reservieren
Film-Tipp:Nahschuss
Eröffnung:1994

Je länger die Straßenbahn vom Alexanderplatz wegfährt, umso eintöniger wird die Umgebung. Plattenbau reiht sich an Plattenbau. Wenig Platz für Individualität. Die war aber in der DDR auch gar nicht gewünscht. Wer aus der Reihe tanzte, konnte und musste mit ernsten Konsequenzen rechnen.

Die letzten Minuten zu Fuß zur Gedenkstätte bringen ein beklemmendes Gefühl mit sich. Über holperiges Kopfsteinpflaster, auf dem man umknickt, wenn man nicht aufpasst, immer weiter in das Industriegebiet hinein. Oder zumindest sieht die Anlage mit der dicken, hohen Mauer und dem bedrohlichen Eisentor so aus.

Aber wer vor wenigen Jahrzehnten noch hergebracht wurde, kam nicht zum Arbeiten, sondern zum Verhör. Denn hier wurden Menschen systematisch von der Stasi befragt und über Monate oder Jahre festgehalten, bis auch wirklich das Allerletzte aus ihnen herausgepresst wurde.

Kurzer DDR-Crashkurs als Vorbereitung

Obwohl jede geführte Tour in der Gedenkstätte Hohenschönhausen mit einer kurzen Video-Einführung zur geschichtlichen Einordnung beginnt, kann es sicher nicht schaden, wenn Besucher sich zuvor trotzdem einmal kurz über das Ende des Zweiten Weltkrieges, die Besatzungszonen, die Sowjetunion und die Entstehung der DDR informieren.

Das wird sicher helfen, die Tragweite dieses Ortes und den Umfang des allumfassenden Systems der DDR noch besser zu begreifen.

Wetter


Die interaktive Karte zeigt, wie das Wetter aktuell in Berlin ist und die Vorhersage der nächsten 5 Tage aussieht.

Gefängniswagen, Isolation und Psychoterror

Müsste man das ehemalige Stasi-Gefängnis mit einem Wort beschreiben, dann wäre beklemmend wohl das Wort der Wahl. Die geführte Tour beginnt im Keller des ehemaligen Gefängnisses, mit moderigen Zellen, in die die sowjetischen Besatzer zahlreiche Menschen einpferchten. Das ist es aber nicht, was das beklemmende Gefühl auslöst.

Viel mehr ist es das, was oberirdisch passiert ist. Dort erschafften Stasi-Mitarbeiterinnen und Stasi-Mitarbeiter in der Zeit der DDR ein nahezu perfektes System, in dem Verfolgung, Spionage, Verrat, Isolation und Psychoterror ineinander griffen.

Die Vorgehensweise zeigt sich schon bei dem Besichtigen eines Kastenwagens, mit dem Gefangenen auf das Gelände gebracht wurden, um jeden Sinn für Raum, Zeit und geografische Lage zu unterbinden. Danach geht es weiter in den Abfertigungstrakt, mit Einzelzellen, Vernehmungsräumen und Büros. Wie sehr die Ausstattung mit Tapeten, Linoleumböden und Türschildern an ein x-beliebiges Verwaltungsgebäude erinnert, macht es fast noch schlimmer.

Menschliche Abgründe

“Diese Frage kommt immer wieder”, erklärt der Guide. Die Frage danach, was die Stasi-Mitarbeiter mit den Toten gemacht haben. Aber in dem Stasi-Gefängnis gab es keine Todesopfer, zumindest nicht durch Folter der Stasi. Denn deren Ziel war natürlich, dass die Menschen möglich lange am Leben blieben, um alle Informationen aus ihnen herauszupressen.

Aber das bedeutet nicht, dass es keine Folter gab. Nur die Methoden waren andere. Komplette Isolation von menschlichen Kontakten, Psychoterror, Schlafentzug, stundenlange Verhöre, gänzliches Abtrennen von der Außenwelt. Denn selbst die Aussicht auf den Innenhof wurde durch Milchglas versperrt.

In der Gedenkstätte dieses Gefängnis zeigt sich, welche Abgründe sich auftun, wenn Fanatismus, Mitläufertum, Bürokratie und Systemhörigkeit zusammenkommen. Dann entsteht eine Maschinerie, in der Menschen systematisch gebrochen werden. Viele der Gefangenen sind davon für den Rest ihres Lebens gezeichnet. Viele der Täter sind immer noch nicht zur Rechenschaft gezogen worden.

Stasi-Gefängnis als Filmkulisse

Mehrere Filme und Dokumentationen wurden hier in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen gedreht, die sich mit der Geschichte der DDR und insbesondere mit der Rolle der Staatssicherheit befassen.

Sogar Steven Spielberg und Tom Hanks drehten hier bereits Szenen für den Hollywood-Agententhriller „St. James Place“. Ein weiterer Film, “12 heißt: Ich liebe dich”, aus dem Jahr 2007, wurde ebenfalls teilweise hier in Hohenschönhausen gedreht. Dieser Film basiert auf einer wahren Geschichte und zeigt die harten Bedingungen, unter denen politische Gefangene in der DDR festgehalten wurden.

Auch die Dokumentation “Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen – Zeugen berichten” wurde direkt in der Gedenkstätte gedreht. Sie enthält Interviews mit ehemaligen Gefangenen und zeigt das Innere des Gefängnisses.

Auch interessant: East Side Gallery – Längstes Teilstück der Berliner Mauer

Fazit

Ganz objektiv gesprochen, gibt es in dem ehemaligen Stasi-Museum nicht viel zu sehen. Ein paar Einzelzellen, lange Flure, ein Innenhof, ein Auto. Aber es ist nicht das, was man sieht, was diesen Ort so besonders und wichtig macht. Es ist das, was Besucher nicht sehen. Das, was über Jahrzehnte nicht gewusst wurde oder gewusst werden wollte. Das, was hinter diesen Mauern Tausenden durch einen gnadenlos brutalen Staat angetan wurde, der jeden und jede verfolgt hat, der versuchte, sich zu wehren.

Und selbst wenn die DDR heute nicht mehr existiert, so gibt es doch immer noch Länder, in denen nach dem gleichen Prinzip Presse- und Meinungsfreiheit unterdrückt, Menschen verfolgt und politisch Oppositionelle systematisch ausgeschaltet werden. Manchmal mit körperlicher Gewalt, manchmal mit seelischer Gewalt und manchmal mit beidem. Und gerade darum ist ein Besuch dieses Ortes so wichtig: Um zu verstehen, dass Freiheit ein Geschenk ist und sie beschützt werden muss.

Lage

Praktische Links

Kommentar verfassen