Nebelschwaden umspielen den Grat vor mir. Vielleicht ist das ganz gut so. Denn so sehe ich nicht, wie tief es beidseitig runtergeht. Ein bisschen Schwindelfreiheit sollte man bei der Gratwanderung im Karwendel oberhalb von Mittenwald nämlich mitbringen. Genauso wie einiges an Kondition. Denn insgesamt gilt es acht Gipfel zu überwinden, die auf dem Wanderweg zur Soiernspitze (2.257 m) liegen. Und das zieht sich ganz schön.

Lohnt sich die Gratwanderung zur Soiernspitze?

Die Soiernspitze gleicht aus der Ferne einer Pyramide. Mit 2.257 m ist sie die höchste Erhebung der Soierngruppe im Bayerischen Karwendel. Um zum Gipfel zu gelangen, könnt ihr entweder von Krün über die Soiernseen aufsteigen, oder aber im Seinsbachtal in der Nähe von Mittenwald starten.

Letzteren Weg haben wir eingeschlagen und sind über insgesamt 8 Gipfel, fast 25 Kilometer und über 1.700 Höhenmeter zum Ziel gewandert. Der Grat, der die einzelnen Gipfel verbindet, führt uns über Lausberg, Signalkopf, Seinskopf, Feldernkreuz, Feldernkopf, Reißende Lahnspitz schließlich zur Soiernspitze. Der Wanderweg ist durchgängig rot markiert und ihr solltet für die Tour trittsicher sein.

Instatipp: Ein tolles Fotomotiv befindet sich auf dem Wegstück zwischen Seinskopf und Feldernkreuz. Dort lauft ihr zwischen schroffen Felswänden entlang. Von oben fotografiert wirkt dieser Wegeabschnitt super spektakulär. (siehe unten)

Frühe Anreise nach Mittenwald

Durch die Länge der Tour solltet ihr zeitig starten. Für uns bedeutet das aus München kommend, dass wir bereits um 6:00 Uhr in Richtung Garmisch-Partenkirchen düsen. Noch vor Mittenwald geht es links zum Wanderparkplatz am Seinsbach ab. Dort gibt es kostenlose Parkplätze, die zahlenmäßig allerdings begrenzt sind. Dafür lohnt es sich ebenfalls, früh dran zu sein. Denn das Halten am Seitenstreifen ist verboten und wird abseits der ausgewiesenen Parkflächen entsprechend geahndet.

Die Anreise ist auch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln möglich. Nach Mittenwald fährt aus München kommend stündlich eine Bahn. Vom Bahnhof aus geht es dann mit dem Bus 9618 in Richtung Wallgau weiter. An der Haltestelle Isarhorn müsst ihr aussteigen. Dann sind es nur wenige Meter zum Startpunkt am Wanderparkplatz.

Steil bergauf zum ersten Gipfel

Startpunkt:Seinsalm
Dauer:8 Std.
Höhenmeter:1.720 m
Strecke:25 km
Beste Reisezeit:Mai bis Oktober

Die ersten Minuten geht es über eine Forststraße in den Wald hinein. Für mich ist das ideal, um mich einzulaufen und die Muskeln warm zu machen. Rechts neben uns rauscht es. Wir folgen dem Geräusch und blicken in einen Abgrund hinein. Nicht weit vom Wegesrand entfernt fällt der Boden steil. Meterweit unter uns ist eine Schlucht zu sehen. Das ist also der Seinsbach.

Wir halten uns nicht lange auf, denn die Tour ist lang und wir wollen bei Tageslicht wieder zurückkommen. Nach den ersten zwei Kilometern auf dem Forstweg führt ein schmaler Pfad nach links steil bergauf. In kurzen Serpentinen schlängelt sich der Weg nach oben. Höhenmeter macht ihr an dieser Stelle sehr schnell. Vor allem im unteren Bereich hält er kaum flache Passagen zum Verschnaufen bereit. Deshalb gönne ich mir zwischendurch selbst eine Pause. Und zwar genau dann, als die Sonne sich gerade über den Bergrücken hervorwagt. Das Licht sorgt automatisch für einen Motivations-Boost.

Ich lasse den Blick über die Bergwelt schweifen, die gerade die letzten Schatten der Nacht hinter sich lässt. Im Tal liegt Mittenwald. Der Ort wirkt noch verschlafen und in den Straßen steigen leichte Nebel auf. Alles sieht so friedlich und idyllisch aus.

Motiviert am Grat entlang

Mehr als 900 Höhenmeter sind es bis zum ersten Gipfel. Sobald wir den erreichen, reiße ich erstmal euphorisch die Arme in die Höhe. Ich bilde mir ein, dass es vom Lausberg (1.855 m) aus nun nur noch mehr oder weniger eben hin geht. Wenn ich an dieser Stelle gewusst hätte, dass wir gerade erst die Hälfte der Höhenmeter haben, wäre ich wohl nicht so motiviert weiter marschiert.

Also erklimme ich beschwingt bereits den zweiten Gipfel. Eiserne Metallbügel erleichtern den Aufstieg zum Signalkopf (1.895 m). Der kurze Abstecher lohnt sich. Denn die Aussicht von dort oben ist phänomenal. Wir können sogar den Walchensee sehen.

Als drittes kommen wir am eher unscheinbar anmutenden Seinskopf (1.961 m) vorbei. An dem Punkt merke ich langsam, dass wir dem Ziel zwar näher kommen, aber trotzdem noch weit entfernt sind. Immerhin liegen noch weitere fünf Erhebungen vor uns.

Schroffe Felstürme und steile Abgründe

An Gipfel Nummer 4, am Feldernkreuz (2.048 m), machen wir Rast. Die Hälfte der Gratwanderung liegt bereits hinter uns. Bis zum Ziel sind es noch 2 Stunden Gehzeit. An dieser Stelle könntet ihr die Tour sogar erweitern und die Schöttelkarspitze (2.050 m) mitnehmen. Der Abschnitt über den Grat erfordert allerdings Trittsicherheit und Schwindelfreiheit und verlängert die Wanderung um mindestens 45 Minuten.

Leider ziehen gerade dichte Nebelschwaden in die Bergwelt hinein. So kann ich nur noch einen kurzen Blick auf die imposante Schöttelkarspitze werfen, bevor sie in den Wolken verschwindet. Ab jetzt wirkt die Landschaft noch wilder. Der Nebel sorgt für eine gewisse Spannung.

Auch ansonsten ist der Weg über den Grat zwar konditionell fordernd, aber auch wunderschön. Denn wir passieren schroffe Felstürme, laufen an schwindelerregenden Abgründen vorbei, genießen kurze Abschnitte über weite Wiesenflächen und begegnen etlichen Gämsen. Ich kann all die Eindrücke noch gar nicht verarbeiten. Erst abends im Bett, als ich alles Revue passieren lasse, wird mir bewusst, wie abwechslungsreich der Wanderweg tatsächlich war.

Und obwohl die Beine langsam müde werden, geht es doch erstaunlich schnell, bis wir plötzlich die letzte Erhebung erreichen.

Soiernspitze gleicht einer Pyramide

Auf Fotos ähnelt die Soiernspitze einer ägyptischen Pyramide. Während unseres Aufstiegs ist davon leider nichts zu sehen. Viel zu stark ist der Nebel. Aber das ist an dieser Stelle auch nicht weiter traurig, denn zuvor haben uns bereits viele gute Ausblicke erwartet. So konzentriere ich mich stattdessen auf die letzten 150 Höhenmeter zum Gipfelkreuz.

Rund 5 Stunden habe ich bis zum Gipfel der Soiernspitze benötigt. Die Aussicht soll an schönen Tagen überwältigend sein. Ich stelle mir vor, wie ich meine Augen über Wallberg, Herzogstand, Walchensee, Benediktenwand, Zugspitze, Westliche Karwendelspitze und Wörner gleiten lasse. Um das mal in echt zu erleben, hilft wohl nur eins: Nochmal wiederkommen.

Fazit

Die Tour ist für geübte Wanderer geeignet, die keine langen Strecken scheuen. Denn sobald ihr oben seid, müsst ihr auch wieder runter kommen. Der Abstieg zurück zum Parkplatz dauert noch einmal drei Stunden. Also startet unbedingt früh und hebt euch ein paar Energiereserven auf. Wenn ihr zwischendurch merkt, dass euch die Kraft ausgeht oder die Tagesform einfach nicht passt, könnt ihr auf der Mitte, am Feldernkreuz entscheiden, ob ihr die Tour abbrecht. Von dort aus führt ein Weg ins Tal.

Ansonsten lohnt sich die Wanderung definitiv. Wenn ihr in der Nebensaison unter der Woche startet, könnt ihr sogar Glück haben, ganz alleine unterwegs zu sein. An Wochenenden in der Hauptsaison ist es hingegen eine beliebte Wanderung. Dabei ist der Weg aber selbst dann nicht so überlaufen wie andere bekannte Touren in den Bayerischen Alpen.

Lage

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