Die aufgehende Sonne taucht die Umgebung in ein tiefrotes Licht. Morgennebel steigt langsam aus dem Tal auf. Nach einer mehr oder weniger erholsamen Nacht auf der Wiener Neustädter Hütte begrüßen wir den neuen Tag mit einer großen Tasse Kaffee. Am Vortag sind wir bereits vom Eibsee zur Hütte aufgestiegen. Jetzt warten noch rund 750 hm über den Stopselzieher-Klettersteig entlang der eindrucksvollen Westflanke der Zugspitze hinauf zum Gipfel von Deutschlands höchstem Berg.

Lohnt sich der Stopselzieher-Klettersteig zur Zugspitze?

Mit seinen 2.962 Metern übt Deutschlands höchster Berg eine große Anziehung auf Bergsportler aus. Viele wollen einmal im Leben die Zugspitze aus eigener Kraft erklimmen. Dazu führen viele Wege zum Gipfel. Eine bekannte, aber recht anspruchsvoller Tour ist durch das Höllental hinauf. Hier gilt es einen Klettersteig und eine kurze Gletscherquerung zu meistern. Technisch leichter sind die reinen Wandertouren über das Reintal oder das Gatterl. Und eine Art “Zwischending” ist der Aufstieg vom Eibsee über die Wiener Neustädter Hütte und den Stopselzieher-Klettersteig.

Als Tagestour sind die rund 1.925 Höhenmeter und die etwa 9 km Strecke nicht zu unterschätzen. Mit Hüttenübernachtung auf der Wiener Neustädter Hütte kann man die Anstrengung auf zwei Tage aufteilen. So haben wir es gemacht und konnten am zweiten Tag ausgeruht in den Klettersteig starten. Der Stopselzieher-Klettersteig ist zwar mit einer Schwierigkeit von A/B relativ leicht, allerdings sind Trittsicherheit und Schwindelfreiheit unbedingt erforderlich. Ausgeschlafen, fit und konzentriert lässt sich dieser Teil leichter und sicherer bewältigen.

Fototipp: Ein geniales Fotomotiv befindet sich in der Höhle im Klettersteig. Wenn ihr nach oben klettert und dabei von weiter unten fotografiert werdet, entsteht ein super spannendes Bild. Wetten, dass man erst mal nicht ganz zuordnen kann, ob ihr euch nun am höchsten Berg Deutschlands oder doch unter der Erde befindet?

Anreise zum Eibsee in Grainau

Höhenmeter:1.968 m
Strecke:8,7 km
Gehzeit:6 bis 7 Stunden
Schwierigkeit Klettersteig:A/B
Übernachtung:Wiener Neustädter Hütte

Start der Tour ist direkt am malerischen Eibsee. Der glasklare See liegt am Fuße der Zugspitze bei Grainau. Von hier führt auch die Seilbahn Zugspitze nach oben, mit der ihr bequem gen Gipfel schweben könnt. Theoretisch gibt es hier auch einen großen Parkplatz, auf dem ihr das Auto abstellen könnt. Hier darf man allerdings nicht über Nacht parken.

Weil wir die Tour auf zwei Tage geplant haben, kommt das für uns also nicht infrage. Stattdessen stellen wir das Auto in Garmisch-Partenkirchen ab und fahren die letzten Meter mit der Zugspitzbahn bis zum Eibsee (ca. 30 Minuten Fahrzeit). Die Zugspitzbahn fährt stündlich. Somit könnt ihr je nach Ort der Unterkunft oder Zeit auch rein mit den öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen. Ab München gibt es eine Regionalbahn, die bis nach Garmisch-Partenkirchen durchfährt.

Packliste für die Wanderung zur Zugspitze

Beim Loswandern gehe ich ein letztes Mal die Packliste im Kopf durch. Hab ich auch wirklich alles dabei? Diesmal müssen nicht nur Hüttenschlafsack, Waschbeutel und Wechselkleidung für die Hüttenübernachtung mit ins Gepäck, sondern auch Klettersteigset, Klettergurt und Helm dürfen nicht fehlen. Außerdem würde ich auf dieser Tour Handschuhe empfehlen. Einerseits gegen die Kälte auf knapp 3.000 Meter Höhe und andererseits, um sich am Drahtseil die Hände nicht aufzuschneiden. Einige Seilpassagen sind nämlich ein wenig beschädigt und das Stahlseil war etwas aufgedröselt (zumindest im August 2023).

Mit in den Rucksack kommen außerdem eine dünne Daunenjacke, ein Unterziehshirt und auch die Regenjacke bekommt natürlich einen Platz. Um bei einem plötzlichen Wetterumschwung nicht zu riskieren, dass der gesamte Inhalt eures Rucksacks nass wird, solltet ihr entweder an einen Regenschutz für den Rucksack denken, oder die Klamotten nochmals separat in Plastiktüten verpacken.

Mein Gepäck wird durch Sonnencreme, Sonnenbrille, Ohropax zum Schlafen und das obligatorische Erste-Hilfe-Set ergänzt. Ansonsten habe ich ausreichend Snacks für zwei Tage und genügend Wasser dabei. Und denkt an Bargeld. Auf der Wiener Neustädter Hütte könnt ihr die Übernachtung und die Verpflegung nicht mit Karte zahlen.

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Trittsicherheit beim Aufstieg zur Wiener Neustädter Hütte wichtig

Der gut gefüllte Rucksack macht den anstehenden Aufstieg zur Wiener Neustädter Hütte etwas anstrengender. Insgesamt 1.200 Höhenmeter gilt es an diesem ersten Tag zu überwinden. Dazu schlängeln wir uns zuerst durch den Wald nach oben und erreichen schon bald die Baumgrenze. Anschließend folgen Passagen durch loses Geröll.

Der schmale Pfad führt direkt unterhalb der imposanten Wände der Zugspitze entlang und es ist Trittsicherheit erforderlich. Um nicht wegzurutschen, solltet ihr Schuhe mit gutem Profil tragen und euch in kleinen Schritten nach oben schrauben.

Schon vor der Hütte erreichen wir die ersten drahtseilversicherten Passagen und der Wanderweg wird immer aussichtsreicher und spektakulärer. Wir sehen die schroffen Gipfel der Mieminger Kette vor uns aufragen und tief unter uns liegt Ehrwald im Tal. Aus diesem Ort könnt ihr ebenfalls zur Zugspitze aufsteigen, wenn ihr aus Österreich starten möchtet.

Auf den letzten Metern rückt auch wieder der Eibsee ins Blickfeld. Mittlerweile ist er super klein. Kein Wunder, wir befinden uns über 1.000 Meter darüber. Und trotzdem sind die charakteristisch türkisgrüne Farbe und die kleinen Inseln noch immer gut zu erkennen.

Hütte an der Zugspitze vorab reservieren

Rund 4 bis 5 Stunden reine Gehzeit braucht es, um bis zur Wiener Neustädter Hütte (2.209 m) aufzusteigen. Hier oben ist es deutlich kühler. Und ich bin froh, dass wir nun die Beine hochlegen und uns ausruhen können. Wenn ihr hier auch übernachten möchtet, solltet ihr die Hütte allerdings vorab reservieren. Meist ist sie gut besucht und viele Plätze sind bereits belegt. Wir haben etwa einen Monat vorher unsere zwei Betten reserviert und haben sogar ein Doppelzimmer bekommen. Es gibt allerdings kein Licht im Zimmer und auch keine Steckdosen.

Auch ansonsten ist die Hütte eher spartanisch ausgestattet. Duschen gibt es genauso wenig wie warmes Wasser. Dafür überzeugt der Gastgeber mit Herzlichkeit und ein Kachelofen versprüht gemütliche Wärme. Gepaart mit dem sensationellen Ausblick und der Ruhe weit oben in den Bergen, kann ich auf weiteren Luxus für eine Nacht getrost verzichten.

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Über den Stopselzieher-Klettersteig zum Gipfel

Nach einer unruhigen und stürmischen Nacht im Gebirge warten am nächsten Morgen die letzten 750 Höhenmeter auf uns. Der Stopselzieher-Klettersteig führt an der Westwand der Zugspitze entlang und von hier wirkt die Wand unbezwingbar. Bevor wir aufbrechen, gibt’s jedoch erst noch eine große Tasse Kaffee und ein ausgiebiges Frühstück. Dadurch, dass es von der Hütte nicht mehr allzu weit ist, müssen wir uns mit dem Aufbruch nicht stressen und können relativ gemütlich in den Tag starten.

Mit bereits angelegtem Klettersteigset und Helm auf dem Kopf spazieren wir schließlich los. Die ersten Meter durchs Geröllfeld und dann direkt am Fels entlang. Kurz darauf erreichen wir bereits die Höhle, die dem Klettersteig ihren Namen gegeben hat. In Wirklichkeit wirkt sie viel größer als auf Fotos.

Wir klettern durch die längliche Höhle hindurch und ich bin froh um die Ausrüstung, weil ich mir gleich zweimal den Kopf an der tief hängenden Felswand stoße. Bald darauf folgt eine steile Leiterpassage. Dann liegen die Schlüsselstellen bereits hinter uns.

Der folgende Aufstieg vereint viel Gehgelände durch loses Geröll mit kurzen drahtseilversicherten Passagen. Es wird nie wirklich schwierig. Ich persönlich würde trotzdem nicht auf den Klettergurt verzichten. Wir kommen an der alten Bergstation der Tiroler Zugspitzbahn vorbei. Diese Ruine wirkt etwas fehl am Platz. Ein “Lost Place” unterhalb des eigentlichen Gipfels. Es ist für mich aber ein Zeichen, dass es nun nicht mehr weit ist.

Wenig später treffen wir auf Wanderer, die aus dem Reintal aufgestiegen sind. Auf den letzten Metern vor dem Gipfel laufen nämlich beide Wege zusammen. Und kurz darauf stehe ich an der Gipfelplattform.

Mit voller Wucht zurück in die Zivilisation

Die Ankunft gleicht einem kleinen Kulturschock. Denn natürlich erwartet uns auf Deutschlands höchstem Berg keine einsame, ruhige Gipfelaussicht. Viele Menschen tummeln sich auf der großen Aussichtsterrasse. Wer kann es ihnen verübeln? Die Aussicht von hier oben lohnt sich auch für all jene, die mit der Seilbahn hinauffahren. Wir können bis in die Zillertaler und Stubaier Alpen blicken und sehen sogar den Watzmann.

Auch der eindrucksvolle Jubiläumsgrat, der bis zur Alpspitze führt, ist gut zu erkennen. Und auf der anderen Seite sehen wir die letzten Reste des Schneeferners bläulich im Sonnenlicht schimmern. Einst hat sich dieser Gletscher über das gesamte Zugspitzplatt erstreckt.

An der Aussichtsplattform ist man allerdings noch nicht ganz am eigentlichen Gipfelkreuz. Und da wir die Ausrüstung noch anhaben, lassen wir es uns nicht nehmen, die letzten Meter zum goldenen Kreuz auch noch aufzusteigen. Hier treffen sich Bergsteiger, die aus dem Höllental kommen, Kletterer, die den Jubiläumsgrat gemeistert haben und Ausflugsgäste. Es ist also gegenseitige Rücksichtnahme gefordert und es kann an den abschüssigen Engstellen zu Wartezeiten kommen.

Aber ich nehme das gerne in Kauf, um nach dem gelungenen Aufstieg die Hand an das Kreuz strecken zu können. Den anderen Arm reiße ich zu einer Siegerpose in den Himmel. Hier wird mir erst richtig klar: Wir haben es geschafft & haben zum zweiten Mal die Zugspitze aus eigener Kraft bestiegen!

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Fazit

Erschöpft, aber glücklich. Das fasst den Aufstieg ganz gut zusammen. Je nach Wetter, Fitness und Zeit könnt ihr jetzt überlegen, ob ihr auch zu Fuß wieder absteigt. Das muss ja nicht über den Aufstiegsweg sein, sondern kann auch über eine der reinen Gehstrecken erfolgen. Oder ihr macht es wie wir und schwebt mit der Gondel ins Tal. Wenn ihr das vorhabt, solltet ihr beim Aufstieg natürlich die Zeit im Auge behalten, um die letzte Bahn nicht zu verpassen. Dieser Hinweis betrifft euch aber eher dann, wenn ihr die Tour als Tagestour machen möchtet. Ansonsten solltet ihr es zeitlich locker schaffen.

Wir hatten noch viel Zeit und haben uns im Gipfelrestaurant “Panorama 2962” gestärkt. Felix schwärmt noch immer von der Rinderroulade, die mit Klößen und Rotkraut serviert wird. Alternativ könnt ihr auch im Münchner Haus eine weitere Nacht am Berg verbringen und am nächsten Tag absteigen.

Lage

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