Tel Aviv, Jerusalem, das Tote Meer – wer in Israel ist, macht häufig auch einen Ausflug nach Bethlehem, um Sehenswürdigkeiten wie die christliche Geburtskirche und das Grabmal der jüdischen Stammesmutter Rachel zu sehen. Die Stadt im Westjordanland kann mit einem geführten Tagesausflug ab Jerusalem oder ab Tel Aviv erkundet werden. Es geht aber auch genauso gut auf eigene Faust. Eine Tour muss also gar nicht gebucht werden, wenn man ein paar Dinge zur eigenen Sicherheit beachtet.

Bethlehem im Westjordanland allein erkunden

Bethlehem mit seinen knapp 30.000 Einwohner liegt im Westjordanland in den Palästinensischen Autonomiegebieten und grenzt im Norden an Jerusalem. Die Stadt hat sich sichtlich auf den Tourismus eingestellt – wobei damit einerseits der religiöse und andererseits der Konflikttourismus gemeint ist. Denn neben der Geburtskirche, der St. Katharinenkirche, und dem Grabmal von Rahel ist es vor allem die Separation Wall, die Besucher anzieht.

#bethlehem

Instatipp: Das Graffiti an der Separation Wall in Bethlehem bietet zahlreiche Möglichkeiten für Fotos. Allerdings sollte dabei bitte der nötige Respekt nicht außer Acht gelassen werden, denn der Konflikt brodelt nach wie vor und die Mauer dient nicht in erster Linie als Bildmaterial für das nächste Facebook Profil Cover.

Eigene Anreise nach Bethlehem

Bethlehem und Jerusalem grenzen aneinander. Eine Fahrt von einem Ort zum anderen dauert mit dem Bus zirka 30 Minuten. Interessant, aber sicher nicht angenehm ist die Fahrt mit der Linie 124, denn diese geht nur bis zur Grenze. Anschließend läuft man zu Fuß – wobei ich damit nicht einen kurzen Spaziergang meine, sondern Mauern, freies Gelände, Maschendrahtzäune, Drehkreuze, Taschenscans, Passkontrollen, Kameras und bewaffnete Soldaten. Wer diesen Weg nimmt, wird sich auf jeden Fall dessen bewusst, welchen Prozess die lokale Bevölkerung jeden Tag vielleicht sogar mehrmals durchlaufen muss.

Ins Stadtzentrum entlang der Separation Wall

Ist in Jerusalem eher die Angst vor palästinensischen Anschlägen in der Luft zu spüren, dreht sich das Bild in Bethlehem um 180 Grad – nicht zuletzt wegen der acht Meter hohen Separation Wall. Wer an der Mauer entlang geht, die Zustände der Häuser außerhalb des touristischen Zentrums sieht und die Schikane an der Grenze am eigenen Leib erfahren hat, erlebt die andere Seite des Konflikts. Wichtiger Tipp für die Navigation: Wer mit Maps.Me unterwegs ist, sollte darauf achten, zusätzlich zur Länderkarte Israel auch Palästina herunterzuladen, anderenfalls lässt euch die App im Stich.

Übernachten im The Walled Off Hotel

Nur wenige Besucher übernachten in Bethlehem, da man das Wichtigste in ein paar Stunden gesehen haben kann. Wer trotzdem mehr als einen Tag in der Stadt bleiben möchte, bevorzugt das The Walled Off Hotel direkt an der Separation Wall. Ja, direkt an der Mauer – das ist kein Witz. Wer dort ein Zimmer bucht, schaut gegen eine Mauer oder linst, je nach Etage, vielleicht über sie hinweg. Im Hotel gibt es dann viel Kunst, unter anderem von Banksy, und Informationen zur Mauer. Eine Übernachtung kostet ab 60 Dollar aufwärts.

Banksys Kunst an der Mauer

Die Separation Wall in Bethlehem ist überseht mit Graffiti von mehr oder weniger professioneller Qualität, was unter anderem wohl auch daran liegt, dass mittlerweile Shops geöffnet haben, die Touristen Stifte, Farben und Sprühdosen anbieten, um ihr Statement auf der Mauer zu hinterlassen. Zwei nachweislich echte Banksy Kunstwerke gibt es jedoch an der Mauer und zwar einerseits eine Friedenstaube mit Schutzweste nach dem Checkpoint 300 und ein kleines Mädchen bei der Leibesvisite eines Soldaten.

Das Zentrum von Bethlehem

Besonders zur Weihnachtszeit wird es in Bethlehem voll und es bilden sich lange Schlangen vor der Geburtskirche. Auf den Straßen des Stadtkerns hat auch schon der Tourismus um sich gegriffen, denn zahlreiche Straßenstände und Geschäfte bieten Souvenirs an, sodass die religiöse Atmosphäre etwas in Mitleidenschaft gezogen wird. Das Zentrum selbst ist im Vergleich zu Gebieten außerhalb top gepflegt, hell und freundlich. Dies ist auch eher der Teil, den geführte Tagestouren abdecken.

Lohnt sich ein Ausflug nach Bethlehem?

Schwer zu sagen. Ich denke, wer sich weiterhin seine schöne Urlaubsstimmung bewahren möchte, fährt lieber woanders hin oder schaut sich wirklich nur die Geburtskirche und das Stadtzentrum an. Alles andere ist nämlich schon sehr heftige Realität. Besonders, wenn man den Anblick von Soldaten und Brandbomben an Türmen und Gebäuden nicht gewöhnt ist – was wohl für die meisten Leser gilt. Denn Bethlehem ist beklemmend, schockierend und schlichtweg ungeschönt  – und ob ihr euch darauf einlassen wollt, müsst ihr selbst wissen.

Lage

Praktische Links

Gut zu wissen

Ist Bethlehem auf eigene Faust sicher? Ich hatte ein wohl etwas unglückliches Timing im Dezember 2017, als ich nur wenige Tage nach der Ankündigung, dass die USA Jerusalem als offizielle Hauptstadt Israels anerkennen werden, nach Israel und im Speziellen nach Bethlehem gereist bin. Mit dem Ergebnis, dass ich einigen Straßenkämpfen zwischen Palästinensern und israelischen Soldaten ausweichen musste, um ins Stadtgebiet zu kommen. Deshalb ist es wichtig, die aktuelle Lage vor Ort genau zu verfolgen. Herrschen aber gerade keine Unruhen, gibt es keinen Grund, Bethlehem nicht anzusehen.

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