Insgesamt erstreckt sich der deutsche Teil des Ostseeküsten-Radwegs auf rund 1.100 km von Flensburg bis nach Usedom. Viele Abschnitte führen direkt an der Küste und an Stränden entlang, durch gemütliche Dörfer und zu Städten wie Kiel und Lübeck. Ich habe mir die rund 345 km zwischen Flensburg und Lübeck vorgenommen. Und das ganz ohne Schnelligkeit oder gar Hektik, sondern um mir einige der Attraktionen und Sehenswürdigkeiten am Wegesrand anzuschauen.
Lohnt sich die Tour auf dem Ostseeradweg?





Der Abschnitt des Ostseeküstenradwegs auf deutschem Gebiet beginnt in Flensburg und schlängelt sich entlang der gesamten Ostseeküste bis nach Usedom und zur deutsch-polnischen Grenze. Das umfasst rund 1.100 Kilometer, einschließlich Abstechern über die Ostseeinseln Fehmarn und Rügen. Das Schöne an dem Fernradweg: Man kann eine oder mehrere Etappen für Tagestouren auswählen, je nachdem, welche Sehenswürdigkeiten einen interessieren.
Das erste Teilstück führt durch hübsche Orte wie Kappeln, Eckernförde, Kiel und Heiligenhafen bis nach Lübeck. Der Weg ist meist, aber nicht immer, gut ausgeschildert, und auch die Qualität der Radwege ist teils optimal, teils geht es aber über Schotter, Sand und Co. Ein gutes Tourenrad ist empfehlenswert.
Fototipp: Die Auswahl an Fotospots ist schon entlang des Ostseeradwegs von Flensburg bis Lübeck riesig, aber ich habe einen persönlichen Favoriten: das schneeweiße Schloss Glücksburg gleich zu Beginn der Tour, das sich bei schönem Wetter auf der Oberfläche des Schlossteiches spiegelt.
Anreise nach Flensburg
| Lage: | Flensburg – Lübeck |
| Anreise: | Bahn nach Flensburg Hbf |
| Must-See: | Naturschutzgebiet Graswarder |
| Strecke: | 442 km |
| Beste Reisezeit: | März bis Oktober |
Die Anreise nach Flensburg ist umweltfreundlich mit der Bahn möglich: Zum Beispiel verkehren ab Hamburg direkte Regionalbahnen (Dauer ca. 2 Stunden), in denen die Fahrradmitnahme erlaubt ist.
Das Gute an der Anreise per Bahn ist, dass ihr so vollkommen flexibel seid auf eurer Fahrradtour und nach Beenden der Strecke einfach wieder in die Bahn steigt, sei es nun in Lübeck, schon in Kiel oder wo auch immer ihr das Gefühl habt, genug geradelt zu sein.
Solltet ihr die gesamte Strecke bis Lübeck radeln, könnt ihr auch dort wieder bequem in die Bahn steigen. Alternativ ist natürlich auch die Anreise mit dem Auto nach Flensburg möglich, das ihr allerdings kostenpflichtig für die Dauer eurer Fahrradtour parken müsstet.
Ausrüstung & Planung für den Ostseeradweg
Die Planung lässt sich gut mithilfe der offiziellen Webseite des Ostseeradwegs vornehmen, die genaue Kilometerangaben und weitere Infos vermittelt. Ihr solltet euch auch vorher überlegen, wo ihr übernachten möchtet, denn gerade im Sommer sind kleine Unterkünfte in den Dörfern schnell ausgebucht, und es lohnt sich, im Voraus zu buchen.
Wenn ihr kein Tourenfahrrad habt, empfiehlt es sich, in Flensburg eins zu leihen oder mit einem Fahrradreiseveranstalter Kontakt aufzunehmen, der euch erlaubt, das Rad am Ende in einem anderen Ort abzugeben. Auf Wunsch könnt ihr dadurch auch einen Gepäcktransport organisieren.
Ansonsten gehören zu einer mehrtägigen Fahrradtour wasserdichte Fahrradtaschen, Regenkleidung, am besten Fahrradkleidung mit gepolsterter Hose, Fahrradhelm, Fahrradhandschuhe, Sonnenbrille sowie Schuhe, die nicht zu schnell durchnässen. Verpflegung findet man vielerorts an der Strecke, aber Wasser und Snacks solltet ihr immer dabei haben. Außerdem ist die Beschilderung entlang der Strecke nicht immer gut, und es kann helfen, sich vorher die GPX-Daten herunterzuladen.
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Startpunkt Flensburg, die Stadt des Rums
Ist normalerweise „aller Anfang schwer“, mache ich mir den Start meiner Fahrradtour auf dem Ostseeradweg leicht: Nach einer kleinen Rum-Kostprobe besteige ich im Flensburger Hafen mitsamt meines Fahrrads die Fähre nach Glücksburg und spare mir damit 15 Kilometer. Stattdessen heißt es, vom Schiff aus die Flensburger Förde zu genießen, die natürliche Grenze zwischen Deutschland und Dänemark an dieser Stelle.
Glücksburg, der Name klingt vielversprechend. Und tatsächlich bedeutet es für mich immer Glück, ein Schloss zu erkunden – Schloss Glücksburg. Das gründete Herzog Johann III. der Jüngere, der, so wird behauptet, für den Ortsnamen verantwortlich ist. Sein Motto lautete nämlich: „Gott gebe Glück mit Frieden“. Am Portal des Renaissanceschlosses aus dem 16. Jahrhundert stehen noch heute die entsprechenden Lettern GGGMF. Nachdem ich mir das Schlossinnere angeschaut habe, wartet der Sattel.
Auf nach Kappeln
Es geht los über die Halbinsel Angeln nach Süden, über teils enge Pfade direkt an der Ostsee entlang. Manchmal könnte ich den Fuß vom Fahrrad aus ins Meer stippen. Der Meeresduft und das Blätterrauschen nehmen mich so gefangen, dass ich eine Abzweigung verpasse und an einem Steinstrand im Wald lande. Es hilft nichts: Um nicht mehrere Kilometer zurückzufahren, schultere ich das Rad samt Gepäck und schleppe es einen Hügel hoch. Trotz dieses Fauxpas erreiche ich am späten Nachmittag mein erstes Etappenziel, Kappeln.
Da ich keine persönlichen Tages-Rekordkilometer aufstellen möchte, genieße ich die zwei vorgesehenen Etappen von Kappeln nach Eckernförde und weiter nach Kiel. Wie ein ausgestreckter Arm weist bald die Schlei von der Ostsee ins Binnenland. Auf diesen Kilometern schnuppere ich eher Land- als Meeresluft, aber kein Problem: Eine Endmoränenlandschaft voller Hügel, unzählige Vögel am Schwansener See, dann wieder Guts- und Herrenhäuser sorgen für ständige Abwechslung.
Vorbei an einer der schönsten Barockbauten Schleswig-Holsteins
Wie einer Postkarte entsprungen erscheint Gut Ludwigsburg mit seinem Burggraben. Es wurde auf den Grundmauern einer mittelalterlichen Wasserburg errichtet und zählt zu den schönsten Barockbauten Schleswig-Holsteins. Viele behaupten, es würde dort spuken, doch bei Kaffee und Kuchen im Café vor Ort will sich kein Gespenst zeigen. Ein Glück aber, dass ich nach neun Kilometern, als ein Ortsschild „Eckernförde“ ankündigt, wieder Appetit habe – auf ein Fischbrötchen mit fangfrischem Fisch. Dabei schaue ich den Fischern auf ihren Booten zu, die ihren Fang ausnehmen.
Da die Küste nach Eckernförde steil und steinig ist, radele ich auf dem nächsten Abschnitt viel über Land, aber irgendwann erstreckt sie sich nach jeder Menge Wiesen und Wäldern vor mir: die Kieler Förde mit ihrem großen Hafen. Auf der Fähre hinüber in den kleinen Küstenort Laboe mit seinem weißen Sandstrand voller Strandkörbe können meine Beine endlich entspannen. Es ist ein grauer, regnerischer Tag, doch durch den Schleier erkenne ich vom Schiff das Marine-Ehrenmal in Laboe.
Leider war in Laboe keine Unterkunft frei, und so geht es notgedrungen 15 km weiter nach Schönberg. Ich fürchte, vor Müdigkeit zu halluzinieren, als ich zuerst ein Straßenschild „Kalifornien“ und kurz darauf „Brasilien“ entdecke. Aber nein! Die Schönberger erzählen gern die Geschichte vom Fischer, der vor vielen Jahren am Strand eine morsche Schiffsplanke fand, auf der „California“ stand. Er habe das Holzstück daraufhin an seine Haustür gehängt. Ein anderer Fischer sei neidisch geworden, habe sich auch ein Stück Holz an die Tür genagelt und „Brasilien“ darauf geschrieben. Und so hat das 6.000-Seelen-Dorf noch immer zwei exotische Viertel.
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Das wunderschöne Naturschutzgebiet Graswarder
Nach Schönberg folgt das, was man an Ost- und Nordsee oft findet: viel Deich. Und das angebliche Geheimversteck von Seeräuber Klaus Störtebeker hinter dem Ort Hohwacht. Besonders hatte ich mich auf das Vogelschutzgebiet am Sehlendorfer Binnensee gefreut, wo ich das Fahrrad über Holzbrücken schieben muss. Doch statt sich auf dem Wasser spiegelndem Himmel ist Dauerregen angesagt. Bis auf die Unterwäsche durchnässt sitze ich ihn Stunden später in einem Einkaufskomplex in dem modernen Feriendorf Weißenhäuser Strand aus.
Meine Geduld wird belohnt: Irgendwann zeigen sich die ersten Sonnenstrahlen und entlocken der zuvor grauen Landschaft ihr sattes Grün. So macht es Spaß, über die historische Wallburganlage nach Oldenburg in Holstein zu radeln und weiter nach Heiligenhafen. Ich bin neugierig auf das Naturschutzgebiet Graswarder mit seiner reichen Vogelwelt, Weiden und Seen auf der einen und der Ostsee auf der anderen Seite. Am Abend sitze ich noch lange auf der Seebrücke und schaue zu, wie die Sonne ins Meer taucht. Trotz Regen war es der perfekte Tag.
Der nächste soll allerdings noch besser werden, denn der Regen verliert zunehmend die Lust, während ich gen Süden fahre. Der Radweg verwandelt sich in eine Strand-hopping-Tour, denn es geht von einem Seebad ins nächste. Zuerst kommt Dahme mit vielen Strandkörben und noch mehr Cafés, Restaurants und Souvenirläden.
Der Ort wirkt frisch herausgeputzt, nur der Dahmeshöveder Leuchtturm ist aus den Jahren 1878/79. Grömitz, schon 1813 zum Seebad ernannt, ähnelt Dahme, nur, dass es eine besonders lange Seebrücke von 398 Metern hat. Dann folgt Neustadt, bekannt als Heimathafen vom Traumschiff MS Deutschland und als Drehort der Fernsehserie „Küstenwache“.
Von der Lübecker Bucht ins Zentrum von Lübeck
Bei schönem Wetter würde ich garantiert noch einen Tag anhängen müssen, denn zwischen Neustadt und Lübeck reihen sich tolle Strände aneinander: u.a. Scharbeutz, Timmendorfer Strand oder Travemünde. Aber es regnet mal wieder. Da bin ich sogar froh, als Travemündes Wahrzeichen, der Viermaster namens „Passat“, in der Ferne erscheint. In Travemünde sollen bereits Thomas Mann, Kafka, Dostojewski und der Maler Edvard Munch Urlaub gemacht haben.
Das restliche Stück bis ins Zentrum von Lübeck hat nicht viel zu bieten – die Hanse- und UNESCO-Weltkulturerbestadt dafür aber umso mehr. Ich empfinde riesige Freude, als ich durch Lübecks Wahrzeichen, das Holstentor, rolle und die vielen Kirchtürme dahinter erblicke. Kein Wunder, dass Lübeck als „Stadt der sieben Türme“ bezeichnet wird. Aber das Gefühl, wirklich angekommen zu sein, empfinde ich erst, als ich vor Ort die erste Praline Niederegger Marzipan verkoste – das es angeblich schon seit 1530 gibt.
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Fazit
Ich finde, einige Etappen auf dem Ostseeradweg, z.B. zwischen Flensburg und Lübeck, lohnen sich. Wer eine ganze Woche Zeit hat, kann entspannt zwischen den beiden Städten radeln, es reicht aber auch, sich nur 2 oder 3 Etappen auszusuchen. Mein Tipp: Schaut euch den Wetterbericht an und überlegt einen Plan B mit Ausweichmöglichkeiten auf öffentliche Verkehrsmittel und Abkürzungen, falls Dauerregen einsetzt. Denn bei Sturzregen und Wind am Deich entlangzufahren, hat mir zumindest gar keinen Spaß gemacht. Ein weiteres Top-Ausflugsziel in der Umgebung ist die Schlei-Region, wo man ebenfalls einige Tage mit oder ohne Rad einplanen könnte.
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