Der Schnee ist trocken und pulverig als wir den Hang unterhalb des Warther Horns queren. Noch sind wir im Schatten des Gipfels unterwegs. Doch bald darauf wird sich die Sonne blicken lassen. Und dann wird es Zeit für die erste Abfahrt im Tiefschnee. Wir sind auf den Spuren von Skipionier Pfarrer Müller in Warth-Schröcken unterwegs und möchten auf Ski von Warth nach Lech sausen.

Lohnt sich die Pfarrer Müller Freeride-Tour am Arlberg?

Pfarrer Müller gilt als erster Skifahrer des Arlbergs. Ende des 19. Jahrhunderts war er der Stellvertreter des Warther Pfarrers. In der Tageszeitung hat er erstmals etwas über das alpine Skifahren in Skandinavien gelesen und sich prompt ein Paar Ski nach Hause bestellt. Damals kannte noch kaum ein Warther die beliebte Sportart. In Lech gab es allerdings einige Gleichgesinnte.

Um in den Nachbarort zu kommen, der im Winter durch Massen an Schnee schier unerreichbar war, schnallte er die Bretter an. Liftanlagen gab es zu dieser Zeit ja noch nicht. Also erkundet er zum ersten Mal die Tour, die heute als Pfarrer Müller Freeride-Tour bekannt ist.

Der Weg war damals noch viel beschwerlicher. Wenn ihr die Tour in der heutigen Zeit nachmachen wollt, könnt ihr euch zumindest schon bis an den Fuß des Warther Horn mit der Seilbahn bringen lassen. Ab da geht es dann ins freie Gelände. Geübte Skifahrer können sich anschließend auf unverspurte Freeride-Hänge freuen und je nach Schneelage sind auch keine Felle erforderlich.

Instatipp: Am Warther Horn Sattel habt ihr eine geniale Aussicht in beide Richtung. Hier lohnt sich eine Fotopause. Auch Bürstegg ist sehr fotogen. Ansonsten achtet auf die Anweisungen des Bergführers. Je nach Schneelage solltet ihr abklären, wo ihr wie sicher stehen könnt.

Anreise nach Warth am Arlberg

Im Winter ist Warth aus zwei Richtungen zu erreichen. Aus dem Allgäu kommend, könnt ihr über Schröcken nach Warth fahren, oder ihr düst wie wir ab München zuerst in Richtung Plansee, vorbei an Reutte und dann weiter nach Schröcken. Mit dem Auto solltet ihr für diese Fahrt rund 2:45 Stunden einplanen. Ein Vorteil ist, dass ihr zwar eine lange Strecke in Österreich zurücklegt, aber keine Autobahn befahren wird. So spart ihr euch die Vignette.

Falls ihr bereits in einem der Skiorte von Ski Arlberg, also in Lech, Zürs, Stuben oder St. Anton seid, nehmt ihr am besten den Auenfeldjet nach Warth. Denn die Straße, die Lech und Warth im Sommer verbindet, ist im Winter aufgrund von Lawinengefahr und zu viel Schnee gesperrt. Die Umfahrung aus dem Tal heraus und über Schröcken wieder ins Nachbartal hinein dauert mit dem Auto fast zwei Stunden. Dann seid ihr nämlich auf dem Weg in den Nachbarort über 100 km auf der Landstraße unterwegs.

LVS-Gerät, Schaufel & Sonde

Start:Bergstation Warther Horn
Dauer:4-5 Stunden
Aussichtspunkt:Saloberkopf am Rückweg
Schwierigkeit:mittel, für gute Skifahrer
Beste Reisezeit:Januar bis März

Wir sind morgens an der Skischule in Warth mit einem Skiführer verabredet. Das würde ich euch auch empfehlen. Der Skiführer kennt das Gelände, sorgt dafür, dass ihr euch nicht verfahrt und kann die Lawinengefahr besser einschätzen. Denn die Freeride-Tour führt ja abseits der markierten Pisten durch den freien Skiraum. Da müssen Wetter und Schneeverhältnisse unbedingt passen.

Auch die Notfallausrüstung bestehend aus LVS-Gerät, Schaufel und Sonde gehört zwingend in den Rucksack. Dass wir alles dabeihaben, überprüft Skiführer Alois direkt an der Skischule. Da gibt’s auch den obligatorischen LVS-Check. Mit diesem Check wird überprüft, dass das LVS-Gerät auch wirklich ein Signal sendet. Ansonsten wäre es im Fall der Fälle sinnlos.

An der Liftkasse holen wir uns noch den Skipass für den Tag. Weil wir später von Lech wieder zurück nach Warth müssen, kaufen wir direkt den Skipass für das gesamte Skigebiet Ski Arlberg. Damit können wir alle Liftanlagen nutzen und insgesamt 305 Pistenkilometer befahren. Achtet unbedingt darauf, dass ihr nicht nur den Skipass für Warth-Schröcken kauft. Sonst kommt ihr nicht mehr zurück.

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen

Mit Alois im Schlepptau gondeln wir hinauf bis zur Bergstation des Wartherhorn-Express. Vom Lift geht es direkt ins Gelände. Und zwar leider nicht sofort bergab, sondern erstmal einige Schritte bergauf. Wir sind ohne Felle unterwegs und stapfen seitlich nach oben. Und mir wird direkt warm. Wir sind die ersten, die an diesem Tag nach Neuschneefällen über Nacht die Tour machen.

Alois quert in den Hang hinein und tritt uns eine Spur. Ich folge ihm in seiner Spur und habe es somit deutlich komfortabler. Das heißt aber nicht, dass es einfach ist. Nach etwas einer halben Stunde erreichen wir schließlich den Warther Horn Sattel, den höchsten Punkt der Tour. Bisher sind wir im Schatten des Warther Horn unterwegs gewesen. Der Sattel liegt nun erstmals in der Sonne und ich genieße die warmen Strahlen und staune über die steile Schneeflanke, auf der Millionen Eiskristalle im Sonnenlicht um die Wette glitzern. All das sieht so zauberhaft aus, da ist die Anstrengung schnell vergessen.

Mein Blick schweift über die umliegende Landschaft. Auf der einen Seite, unter mir, liegt Warth. Auf der anderen Seite geht es in Richtung Lech. Und davor liegt Bürstegg. Bürstegg ist eine der höchstgelegenen Walsersiedlungen. Im Sommer sind die Häuser bewirtschaftet und ihr könnt auf einen Einkehrschwung innehalten. Im Winter sind die Hütten verlassen. Trotzdem, oder gerade deswegen, strahlt der Ort eine verträumte, magische Atmosphäre aus.

Dicke Schneehauben bedecken die Dächer. Eiszapfen bilden sich an vorstehenden Balken. Und in mir wird dieses Sehnsuchtsgefühl geweckt. Das Gefühl, das man verspürt, wenn man sich vorstellt, mit einer Tasse Tee vor einer einsamen Hütte zu sitzen und in die Bergwelt zu schauen. Das Gefühl der Ruhe und Zufriedenheit. Das Gefühl der Pause in einer hektischen Welt.

Champagner Powder bei der Abfahrt

Ich reiße mich von dem Anblick los und blicke unserem Guide in die Augen. In seinem Blick kann ich Vorfreude erkennen. Kein Wunder, endlich steht uns die Abfahrt bevor. Bei mir hält sich die Freude noch in Grenzen. Stattdessen spüre ich ein lautes Klopfen in der Brust. Das Herz schlägt mir bis zum Hals. Ich war noch nicht allzu oft Freeriden. Dementsprechend bin ich etwas aufgeregt. Noch bevor ich mir dazu weitere Gedanken machen kann, streckt mir Alois die Faust hin. Ich erwidere die Geste. Dann stürzt er sich bergab und ich hinterher.

Die ersten Schwünge sind noch etwas wackelig. Ich bin ein bisschen zu breitbeinig unterwegs. Aber ich falle nicht hin und genau diese Erkenntnis gibt mir Zuversicht. Plötzlich fühlt sich alles viel einfacher an. Ich düse durch den Schnee bergab, genieße das Auf und Ab und ziehe meine Kurven in das frische Weiß. Es ist genial. Die Abfahrt fühlt sich an, als gleite ich durch ein Wolkenmeer hindurch. Endorphine breiten sich in meinem Körper aus und mein Mund stößt ein Jauchzen aus. Wahnsinn!

Als wir zwischendurch stehenbleiben drehe ich mich nicht ohne Stolz nochmal um. Meine Spur ist nicht so schön wie die des Skiführers, kann sich aber trotzdem sehen lassen. Hach, macht das Freude!

Ankunft in Lech am Arlberg

So bin ich fast ein bisschen traurig, als die Abfahrt schließlich ein Ende findet. Aber ich will ja bis nach Warth kommen und dazu müssen zuerst nochmals ein paar Höhenmeter gemacht werden. Da werden die Ski auf die Schulter gepackt und es geht einige Meter im Schnee nach oben. Gar nicht so einfach, wenn es frisch geschneit hat und ihr weit einsinkt. Lasst euch Zeit für den Anstieg, wer nicht hetzt, kann ruhiger atmen. Und ihr hebt euch somit noch Energie für den Schlusshang auf.

Da geht es nämlich in schönen Schwüngen nochmals bergab bis zur Lechtaler Straße. Allerdings ist der nächste Lift ein paar Meter entfernt. Theoretisch könnte man am Straßenrand die Ski wieder schultern und zu Fuß zur nächsten Seilbahn spazieren. Wir sind faul und steigen in den Bus. Das ist viel komfortabler. Und erst als wir dann an der Seilbahn ankommen, klatschen wir ab. Wir haben es geschafft. Und ich würde das am liebsten gleich wiederholen.

Fazit

Zurück geht es dann per Seilbahn. Der Auenfeldjet bringt uns zurück nach Warth. Und wenn ihr wie ich nicht genug von dem fluffig weichen Tiefschnee bekommen könnt, könnt ihr euch in Warth-Schröcken anschließend abseits der Pisten noch weiter austoben. So haben wir es gemacht. Generell ist das Gebiet am Arlberg ja als Freeride-Eldorado bekannt und es gibt enorm viele Hänge, die ihr befahren könnt.

Es war allerdings ausgesprochen cool, nicht einfach mit dem Lift nach oben zu fahren und über einen Hang wieder ins Skigebiet hinabzufahren. Stattdessen hatten wir während des Freeridens gleichzeitig das Gefühl, eine Tour zu unternehmen und auf ein Ziel hinzufahren. Plant für dieses Vorhaben rund 4 Stunden ein. Je nach Schneelage kann sich die Zeit auch verlängern. Außerdem gibt es zwischendurch keine Einkehrmöglichkeit, also denkt daran, Getränke und ein paar Snacks mitzuführen.

Lage

Praktische Links

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