Nun, die Verbindung der Worte schnell und Zug ist in Myanmar eher nicht gegeben. Oft wird die Schrittgeschwindigkeit nicht überschritten und auch bis zu 24 Stunden Verspätung sind keine Seltenheit. Es gibt aber einen wichtigen Grund, warum Touristen trotzdem in den Zug einsteigen, der von Mandalay über Pyin Oo Lwin bis nach Hsipaw und Lashio fährt. Und dieser Grund ist das berühmte Goteik-Viadukt, das wirklich alles bietet, was ein perfekter Fotospot braucht.
Mit dem Zug übers Goteik-Viadukt in Myanmar






Zugegeben, wer um 4 Uhr morgens, also mitten in der Nacht, aufsteht, nur um eine Brücke zu fotografieren, dem muss dieser Spot schon wirklich am Herzen liegen. Denn so früh fährt der Zug von Mandalay in Richtung Hsipaw und Lashio ab.
Ich empfehle alternativ ein shared Taxi nach Pyin Oo Lwin. Dort könnt ihr euch die Gebäude im Kolonialstil anschauen, über Nacht bleiben und am nächsten Morgen zu der humanen Zeit von 8 Uhr in den Zug einsteigen. Das Goteik-Viadukt, um das es hierbei nämlich geht, kommt sowieso erst danach.
7 Stunden Holzklasse – im wahrsten Sinne
Start / Ziel: | Mandalay / Hsipaw |
Fahrzeit: | 7 Stunden |
Preis: | 1,60 Euro |
Viadukthöhe: | 250 Meter |
Eröffnung: | 1. Januar 1900 |
Wer das Goteik-Viadukt mit dem Zug überfahren will, sollte sich sehr gut überlegen, ob er in einen Platz in der Upper Class investieren will, denn ansonsten warten Holzbänke – und da der Zug sehr heftig von links nach rechts schaukelt, kann das auf Dauer sehr schmerzhaft werden. So wird das Viadukt nach etwa 3 Stunden Fahrt passiert und dann kann es sein, dass der Hintern schon so weh tut, dass einem sämtliche Brücken dieser Welt mittlerweile mächtig egal geworden sind.
Außerdem kostet das Ticket für die Upper Class nur 1,60 Euro (Stand Dezember 2019) im Vergleich zu 90 Cent für einen Standardplatz. Kein Vermögen also, aber man sollte sich hier auch keine Illusionen machen, dass die Upper Class viel bequemer wäre.
Es empfiehlt sich übrigens, nach einem Platz auf der linken Seite des Zuges zu fahren, dann gelingt die spektakuläre Aufnahme des Viadukts am besten.
Auf dem Rückweg von Hsipaw nach Mandalay wird dann entsprechend die rechte Seite gewählt. Und noch ein Hinweis: Tickets werden direkt am Bahnhof gekauft, weil die Mitarbeiter die Passnummer von Ausländern eintragen müssen. In der Nebensaison reicht es am Morgen der Abfahrt, in der Hauptsaison kann es nicht schaden, das Ticket ein paar Tage im Voraus zu erwerben.
Nichts für Menschen mit Höhenangst
Das Goteik-Viadukt ist die höchste Brücke in Myanmar und war zum Zeitpunkt ihrer Fertigstellung um 1900 ebenfalls die höchste Eisenbahn-Bockbrücke der Welt. Die Gesamthöhe über dem Talgrund beträgt 250 Meter und der Blick geht direkt nach unten.
Damit meine ich: Nicht einmal ein Zaun, ein Sicherheitsgeländer oder irgendetwas in der Art befindet sich zwischen dem Zug und dem Abgrund. Da auch die Türen und Fenster nicht verschlossen sind, würde es also niemanden abhalten, sich einfach in die Tiefe zu stürzen.
Oder aus Versehen abzustürzen, denn nicht wenige Reisende hängen sich für die möglichst spektakuläre Aufnahme aus den Türen über den Abgrund, während der andere aus dem Fenster fotografiert. (Anmerkung der Redaktion: Nicht nachmachen!)
Vorsicht: offene Fenster
Noch vor der Abfahrt dachte ich, dass es doch relativ riskant sein muss, dass der Zug mitten durch die Natur fährt und trotzdem keine Fensterscheiben in den Fensterrahmen sind, um möglicherweise auffliegende Steine oder schwingende Äste abzufangen. Als hätte ich es geahnt.
Auf weniger als den letzten 5 Kilometern vor meinem Ausstiegsbahnhof streift der Waggon so eng an einem Baum vorbei, dass einer der dicken Äste die Frau, die vor mir am Fenster sitzt direkt auf die Nasenwurzel und beim Rückschwung mich direkt unter dem Auge trifft.
Das Ergebnis ist, dass ich von der Fahrt also nicht nur Fotos von dem Viadukt mitnehme, sondern auch ein schmerzhaftes Veilchen.
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Fazit
Nach dem Viadukt, das etwa auf der Hälfte der Strecke Pyin Oo Lwin – Hsipaw liegt, geht es noch fast 4 Stunden weiter bis zum Ende der Fahrt. Das bedeutet also, dass hier eine Fahrzeit von beinahe 7 Stunden in Kauf genommen wird, für eine Brückenüberfahrt, die knapp 5 Minuten in Anspruch nimmt.
Ob sich das also nun wirklich lohnt, muss wohl jeder für sich selbst entscheiden. Für mich lohnt sich die Fahrt aber eher für die gemütliche Reise durch die Natur des Shan-States, der aktuell wegen Regierungsbestimmungen ohnehin nur begrenzt zugänglich ist.
Der Zug fährt also mitten durch Blumenfelder, vorbei an mächtigen Wasserbüffeln und Dörfchen, in denen es nicht einmal Strom gibt.
Fährt der Zug zweimal pro Tag durch die Ansammlung von Häuschen, ist das scheinbar das Highlight für Einheimische, denn Mütter halten ihre Babys hoch und Kinder winken den Fahrgästen zu. Für diese Durchreise durch eine derart entschleunigte, bodenständige und menschliche Welt halt sich die Fahrt sicher gelohnt. Aber ein zweites Mal muss es jetzt auch nicht sein.
Lage
Praktische Links
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