Das Sellraintal bei Innsbruck in Österreich ist wohl noch ein Geheimtipp für Wandertouren. Es ist kaum bebaut und die Landschaft wirkt mit ihren 3.000ern und den Gletschern ringsum wild und ursprünglich. So ursprünglich, dass es nicht einmal Handyempfang gibt. Aber umso mehr genieße ich die Natur ohne Ablenkung und gebe mich auf dem Wanderweg von Hütte zu Hütte ganz meinen eigenen Gedanken hin.

Lohnt sich die Sellrainer Hüttenrunde in Österreich?

Die Sellrainer Hüttenrunde ist eine Mehrtagestour quer durch die Sellrainer und Stubaier Alpen. Auf 7 Tagesetappen wird insgesamt eine Strecke von über 80 Kilometern zurückgelegt und es gilt 6.000 Höhenmeter zu bewältigen. Der höchste Punkt auf der gesamten Tour ist die 3.002 m hohe Schöntalspitze auf der Etappe zwischen dem Westfalenhaus und der Pforzheimer Hütte.

Für Könner gibt es auch eine Möglichkeit zur Erweiterung. Dann könnt ihr die selbe Runde mit hochalpinen Etappen kombinieren. Dafür solltet ihr dann insgesamt neun Tage einplanen und euch auf 10.500 Höhenmeter einstellen.

Instatipp: Von der Sonnenterrasse des Westfalenhauses habt ihr einen herrlichen Blick auf den Lüsener Fernerkogel (3.298 m). Dort entstehen richtig schöne Fotos samt Gletscher im Hintergrund.

Vorbereitung und Ausrüstung

Wenn ihr eine Mehrtagestour plant, erfordert das ein bisschen mehr Vorbereitung als eine Tagestour. Macht euch am besten eine Ausrüstungsliste, damit ihr nichts vergesst. Unterwegs kommt ihr erstmal an keinem Supermarkt vorbei. Für 7 Tage ist ein Rucksack mit 30 bis 40 Litern ideal. Da passen dann zwei bis drei T-Shirts rein, die ich bei Bedarf an der Hütte abends mal kurz per Hand durchwasche. Warme und wasserfeste Kleidung sollte auch mit. Denn die Tour führt auf bis zu 3.000 Meter hinauf und in den Bergen kann das Wetter schnell umschlagen. Ein Erste-Hilfe-Set sollte auch mitkommen. Und Blasenpflaster. Man weiß ja nie.

Um sowohl für Sonne als auch für kühle Tage gerüstet zu sein, packt am besten Sonnencreme, Sonnenbrille und einen Sonnenschutz für den Kopf genauso ein wie Handschuhe, Stirnband und ein leichtes Halstuch. Bezüglich der Schuhe solltet ihr auf einen festen, bequemen Wanderschuh mit guter Profilsohle setzen. Die Tour führt durch einige geröllige Passagen und es kann passieren, dass Wegabschnitte noch schneebedeckt sind.

Für die Übernachtung auf der Hütte benötigt ihr außerdem einen Hüttenschlafsack und ein kleines Handtuch. Denkt außerdem daran, dass oftmals keine Kartenzahlung möglich ist. Packt deshalb genügend Bargeld für die Übernachtungskosten und das Abendessen ein. Um am Abend sicher ein Bett zu kriegen, solltet ihr die Nacht am besten vorab telefonisch reservieren. Je nachdem, wie oft und wie lange ihr auf Hüttentour unterwegs seid, lohnt sich vielleicht eine Alpenvereinsmitgliedschaft. Dann sind die Übernachtungspreise günstiger.

Anreise nach Sellrain

Länge:80 km
Etappen:7 Tage
Höhenmeter:↑ 6.057 m
↓ 5964 m
Höchster Punkt:3.002 m
Beste Jahreszeit:Juni bis September

Wir beginnen die Wanderung in Lüsens. Das sind aus München kommend knapp über 2 Stunden Fahrzeit mit dem Auto. Dort ist ein großer Wanderparkplatz. Die Parkgebühr für Stehzeiten von 2 bis 10 Tagen liegt bei 8 Euro.

Alternativ könnt ihr auch an einem anderen Punkt in die Tour einsteigen und mit den öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen. Da bietet sich die Zugfahrt nach Innsbruck und anschließend der Umstieg in den Bus in Richtung Kühtai an. Nach rund 30 Minuten Fahrzeit steigt ihr an der Haltestelle “Gasthof Neuwirt” in Sellrain aus und startet von dort die Tour zuerst in Richtung Potsdamer Hütte.

Falls ihr ein Taxi benötigt, empfehle ich Taxi Haider aus Gries im Sellrain. Er ist im Tal das einzige Taxi-Unternehmen und ist unter der Nummer +43 (0)664 1166671 erreichbar.

Vom Westfalenhaus zur Pforzheimer Hütte

Vom Parkplatz Lüsens steigen wir in zwei Stunden zuerst zum Westfalenhaus auf. Das sind rund 600 Höhenmeter. Wenn ihr möchtet, könnt ihr dann am Westfalenhaus direkt die erste Übernachtung machen. So habt ihr am ersten Tag erstmal eine kürzere, leichte Tour zum Eingewöhnen. Tolle Aussichten gibt es aber auch da schon.

Wir machen nur eine kurze Rast auf der einladenden Sonnenterrasse, genießen den Ausblick auf den Lüsener Fernerkogel und den Hinteren Brunnenkogel, zwei eindrucksvolle 3.000er, und schließen die nächste Etappe direkt an. Bis zur Pforzheimer Hütte sind es noch mal rund 780 Höhenmeter bergauf und ebenso viele bergab. Dafür sollten wir weitere 5 Stunden brauchen.

Wir halten uns in Richtung Zischengscharte und steigen zuerst noch über Almwiesen und später über Geröll weiter auf. Das ist erst noch unschwierig. Bis ich dann vor einem steilen Geröllhang stehe. Dort müssen wir hinauf. Dort oben ist die Zischgenscharte. Ich suche den Schuttberg mit meinen Augen nach den bekannten rot-weißen Wegmarkierungen ab. Und finde sie schließlich. Wie an einer Perlenkette angeordnet führen sie scheinbar in direkter Linie geradeaus nach oben. Das kann ja heiter werden.

Es gibt also noch einen Schluck Wasser und ich beiße einmal von meinem Riegel ab, dann gehe ich den Hang an. Und mit jedem Schritt nach oben stelle ich fest, dass es von unten viel wilder aussah. Zwar ist ein bissen Trittsicherheit gefordert, um nichts loszutreten, aber ansonsten geht es in gleichmäßigen Serpentinen nach oben. Sobald ich meinen Rhythmus gefunden habe, ist das bei weitem nicht so anstrengend, wie ich mir das kurz zuvor noch vorgestellt habe.

So kommt es, dass ich urplötzlich und schneller als gedacht an der Zischgenscharte stehe. Die befindet sich zwischen Grubenwand und Schöntalspitze. Und weil der Aufstieg jetzt doch besser ging als gedacht und es ab diesem Punkt nur noch bergab gehen wird, hänge ich kurzerhand den Abstecher zum Gipfel der Schöntalspitze dran.

Knapp 100 Meter über mir erhebt sich die 3.002 m hohe Spitze. Für den Aufstieg muss ich die Hände zur Hilfe nehmen. In leichter Blockkletterei geht es nach oben. Teils sind die Passagen durch ein Drahtseil versichert und ihr solltet hier hinauf auch schwindelfrei sein.

Eigentlich habe ich mich oben auf die Aussicht gefreut. Dort hätte man über weite Teile der Stubaier Alpen und Ötztaler Alpen bis zu den bekannten Skitourenbergen Lampsenspitze und Zischgeles schauen können. Doch wie es der Zufall so wollte, stand ich am Gipfelkreuz komplett in Nebel gehüllt. Macht nichts, weiter geht’s. Aussichten gibt’s auch auf der restlichen Tour noch zu genüge.

Der Abstieg auf der anderen Seite der Zischgenscharte hat es noch mal in sich. Das Geröll ist rutschig. Da müsst ihr sehr vorsichtig gehen. Vor allem, wenn unter euch noch andere Wanderer unterwegs sind. Sobald wir dieses Stück gemeistert haben, geht es jedoch alsbald wieder über Wiesenwege in Richtung Pforzheimer Hütte weiter. Und ganz ehrlich: Nach der ausgedehnten Tagestour bin ich auch froh, wenn wir die jetzt alsbald erreichen. Dann wird in einer der Hängematten ausgespannt.

In 7 Tagen von Hütte zu Hütte

Wenn ihr die Tour fortsetzt, wird die nächste Tagesetappe dafür etwas entspannter. Knapp vier Stunden Gehzeit solltet ihr für die Wanderung zur Schweinfurter Hütte einplanen. Dabei geht es über das Gleirschjöchl hinweg. Wenn ihr die Genusstour noch ein bisschen erweitern möchtet, könnt ihr einen Abstecher zum Gleirscher Rosskogel (2994 m) machen. Dafür solltet ihr dann insgesamt 1,5 Stunden mehr einplanen.

Weiter geht es über die Finstertaler Scharte in Richtung Dortmunder Hütte. Dabei kommt ihr am Finstertaler Stausee vorbei. Bei schönem Wetter leuchtet das Wasser regelrecht türkisblau in der Sonne. Seit 2020 gibt es an der Dortmunder Hütte eine neue Terrasse und einen Spielbereich außen. Außerdem könnt ihr jetzt Zimmer mit eigener Dusche und WC buchen. Ein bisschen Luxus zwischendurch. So könnt ihr gut ausgeruht in den nächsten Tag starten.

Der nächste Tag wird nämlich anstrengend. Zuerst geht’s noch ein wenig bergauf auf den Kühtaisattel und dann über den Sellrainer Höhenweg insgesamt über 2.000 Tiefenmeter bis nach Sellrain hinab. Dazu solltet ihr rund 11 Stunden Gehzeit einplanen. Falls euch das zu weit ist, könnt ihr die ersten fünf Kilometer, von Kühtai bis zur Zirmbachalm, mit dem Bus abkürzen. Die Bushaltestelle befindet sich gegenüber der Hütte.

Auf der folgenden Etappe müsst ihr immerhin keine Tiefenmeter bewältigen. Das freut die Knie sicherlich. Dafür geht es wieder rund 1.100 Höhenmeter nach oben, am Bergheim Fotsch vorbei, zur Potsdamer Hütte. Diese Etappe eignet sich auch als Einstieg in die gesamte Hüttenrunde (siehe Anreise).

Kurz vor Schluss könnt ihr wieder einen Gipfel mitnehmen. Von der Potsdamer Hütte geht es hinauf zum Roten Kogel (2.834 m). Der Gipfel ist im Winter über die Ostseite auch eine beliebte Tour für Skitourengeher. Für euch geht es aber zu Fuß bergab zum Alpengasthof Praxmar.

EtappeStreckeDauer
1. Lüsens bis Westfalenhaus↑ 644 m ↓ 0 m2 Std.
2. Westfalenhaus bis Pforzheimer Hütte↑ 754 m ↓ 719 m5 Std.*
3. Pforzheimer Hütte bis Schweinfurter Hütte↑ 440 m ↓ 715 m4 Std.*
4. Schweinfurter Hütte bis Dortmunder Hütte↑ 924 m ↓ 975 m6,5 Std.
5. Dortmunder Hütte bis Sellrain↑ 1.225 m ↓ 2.234 m11 Std.
6. Sellrain bis Potsdamer Hütte↑ 1.161 m ↓ 61 m4 Std.
7. Potsdamer Hütte bis Alpengasthof Praxmar↑ 909 m ↓ 1.260 m8 Std.
* ohne Gipfelanstieg auf Schöntalspitze bzw. Gleirscher Rosskogel

Fazit

In der klassischen Version ist die Sellrainer Hüttenrunde für geübte Bergwanderer, die ein wenig Kondition und Trittsicherheit mitbringen, gut machbar. Ansonsten besteht ja auch zwischendurch immer die Möglichkeit, je nach Verfügbarkeit der Betten, eine Nacht länger auf einer Hütte zu verbringen und so einen Pausetag einzulegen.

Auch landschaftlich lohnt sich die Tour. Als ich da war, waren wir nahezu alleine auf den Wanderwegen unterwegs. Und das trotz Ferienzeit. Außerdem sind die Ausblicke auf die vergletscherten Berghänge ringsum eindrucksvoll. Daran kann man sich kaum sattsehen. Allerdings ist auch der Rückgang der Gletscher nicht zu übersehen.

Wichtig ist, dass ihr die Tour nur bei gutem Wetter geht. Sprecht den Wetterbericht im Zweifel mit dem Hüttenwirt ab. Die können das Wetter meist besser einschätzen. Drohen Starkregen oder Gewitter, dann bleibt besser auf der Hütte und verschiebt die Tagesetappe.

Tipp: Auch im Winter ist eine Variante der Sellrainer Hüttenrunde als Skitour möglich.

Lage

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