Ich stehe auf einem riesigen Felsplateau und drehe mich einmal um die eigene Achse. Um mich herum ragen unzählige, namhafte Dolomiten-Gipfel auf. Direkt vor mir liegt das Sellamassiv, daneben ragt der Langkofel in die Höhe und ich kann richtig gut auf die berühmte Seceda mit den steil aufragenden Geislerspitzen nebenan blicken. All das sehe ich vom Col dala Pieres in der Nähe von St. Christina in Gröden. Und das Beste: Diese Tour in den Südtirol kann man sogar noch als “Geheimtipp” bezeichnen.

Lohnt sich der Aufstieg zum Col dala Pieres in Gröden?

Das UNESCO-Weltnaturerbe der Dolomiten hat mich schon so einige Male in seinen Bann gezogen. Direkt am Ortsschild von St. Christina in Gröden beginnt der Naturpark Puez-Geisler. Etliche Gipfel liegen in diesem Gebiet. Einer davon ist der Col dala Pieres. Der 2.747 m hohe Aussichtsgipfel gilt als einer der schönsten Panorama-Berge in Südtirol. Den Aufstieg kann man sowohl mit Seilbahnunterstützung durch die Col Raiser-Bahn als auch rein zu Fuß, “by fair means” zurücklegen.

Wenn ihr die wunderschöne Rundtour wie wir mit der Seilbahn plant, dann schwebt ihr das erste Stück entspannt nach oben. Anschließend gilt es noch rund 900 hm zu überwinden und ihr müsst eine Strecke von rund 14 km zurücklegen. Dabei geht es, wie man es aus den Dolomiten kennt, über geröllige Wege hindurch. Eine kurze Passage unterhalb des Gipfels erfordert besondere Aufmerksamkeit. Hier ist es abschüssig und die schwierigsten Stellen sind mit Drahtseilen gesichert. Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sind wichtig.

Fototipp: Auf dem Weg von der Sielesscharte zum Gipfel, also im oberen Drittel der Tour, befindet sich ein hervorstehender Fels direkt neben dem Weg. Wenn ihr euch hier hinstellt, könnt ihr ein sensationelles Foto machen. Denn dann scheint ihr direkt vor den imposanten Geislerspitzen zu stehen.

Anreise nach St. Christina in Gröden

Höhenmeter:855 hm
Strecke:13,9 km
Gehzeit:5:45 Stunden
Einkehrtipp:Stevia-Hütte
Beste Reisezeit:Juni-September

Los geht’s an der Talstation der Col Raiser Bahn in St. Christina. Ihr kommt mit Bus und Bahn direkt ins Tal. Ab München verkehrt ein EC regelmäßig bis nach Brixen. Hier müsst ihr in den Bus umsteigen und nach einem weiteren Umstieg in Waidbruck kommt ihr bis nach St. Christina. Die Anreise dauert länger als mit dem Pkw, ist aber mit insgesamt 5:30 Stunden ab München immer noch überschaubar, finde ich.

Wir fahren mit dem Auto von München rund 3:30 Stunden, um den Ausgangspunkt der Wanderung zu erreichen. Wenn ihr in St. Christina übernachtet, erreicht ihr den Parkplatz wahrscheinlich am einfachsten zu Fuß. Aus Wolkenstein und St. Ulrich könnt ihr per Bus zum Startpunkt fahren. Dann spart ihr euch die Parkgebühr, die zusätzlich zum Liftticket anfällt.

Auch interessant: Die schönsten Bergseen der Alpen

Geniale Aussicht an der Bergstation am Col Raiser

Der erste Part ist natürlich super bequem. Wir nehmen auf den gepolsterten Sitzen der Gondel Platz und schweben gemütlich nach oben zum Col Raiser. Hinter uns können wir durch die Scheibe beobachten, wie der Langkofel immer kleiner wird.

Am Col Raiser selbst ist einiges los. Kein Wunder: Das Panorama, das uns empfängt, haut mich beinahe um. Ich drehe mich auf der riesigen Almwiese vor der Bergstation um die eigene Achse. Berge umgeben mich. Schroff ragen sämtliche Dolomiten-Gipfel um mich herum in die Höhe. Dieser Anblick macht mich kurze Zeit sprachlos. Ich fühle mich wie in einer Filmkulisse und kann gar nicht glauben, dass die Szenerie echt ist.

Wenn ihr kleine Kids dabeihabt, oder jemanden, der nicht so gut zu Fuß ist, lohnt sich allein der Col Raiser als Ziel. Etwas weiter oben befindet sich auch noch die UNESCO Welterbe-Plattform. Hier habt ihr auch nochmals einen sensationellen Blick auf die Umgebung. Viele Wanderer schlagen ansonsten den Weg zur Seceda-Alm ein. Unsere Richtung, zur Regensburger Hütte hinab, wählen nur die wenigsten.

Und so sind wir nur wenige Meter weiter bereits allein in der Bergwelt unterwegs. Das erste Stück der Wanderung vergeht wie im Flug. Wir folgen dem breiten Weg, der durch seine gerölligen Passagen von Anfang an Trittsicherheit fordert, und schlängeln uns mäßig ansteigend bergauf. Dann taucht die Sieles Scharte vor uns auf.

Auch interessant: Burning Dolomites – Einzigartiges Alpenglühen in Gröden

Über die Sielesscharte mit leichter Kraxelei zum Col dala Pieres

Ich blicke hoch zur Scharte und erkenne, dass der Weg nun deutlich steiler wird. In vielen Serpentinen bewege ich mich nach oben. Wenn man langsam geht, einen Fuß vor den anderen setzt und auf kleine Schritte achtet, kann man diesen Anstieg sehr gut meistern. Auf der anderen Seite der Scharte werden wir wieder mit neuen Ausblicken belohnt. Da ist die vorangegangene Anstrengung direkt wieder vergessen.

Wir bleiben allerdings weiterhin konzentriert und lassen uns nicht ablenken. Denn die folgenden Meter fordern volle Aufmerksamkeit. Der Pfad wird abschüssiger und verläuft direkt am Fels. Die schwierigsten Stellen sind jetzt sogar durch Stahlseile gesichert. Direkt neben uns geht es steil runter.

Genialer 360-Grad-Blick am Col dala Pieres

Nach dieser Schlüsselstelle folgt wieder leichteres und gleichbleibend steiles Gehgelände bis zum Gipfel. Und für die Aussicht, die uns dort oben erwartet, haben sich alle Strapazen allemal gelohnt. Wir sehen sämtliche bekannte Gipfel um uns herum aufragen. Ganz imposant ist der Blick auf das Sella-Massiv, das wir in seiner ganzen Breite erkennen können. Direkt daneben ragt der Langkofel in die Höhe. Im Hintergrund ist der Rosengarten zu erkennen und wir lassen den Blick über die Seiser Alm und den Schlern schweifen.

Auf der anderen Seite können wir zur Seceda hinabblicken. Hier ist die steile Abbruchkante zu erkennen, die ihr vielleicht von dem einen oder anderen Foto schon kennt. Nebenan ragen die schroffen Felsnadeln der Geislerspitzen wie einzelne Türme in die Höhe. Darunter sind zum Beispiel die Kleine Fermeda und der Sass Rigais.

Das Gipfelkreuz liegt noch einige Meter weiter vorn am anderen Ende des riesigen Gipfelplateaus. Es steht direkt an einer Felskante. Daneben geht es etliche Meter in die Tiefe. Hier vorne ist also Vorsicht geboten. Und von hier können wir schon sehen, wie der Weg weiter verläuft.

Auch interessant: Lech de Ciampedel – Versteckter Dolomiten-Bergsee in Gröden

Einkehrschwung in der Stevia-Hütte

Wir folgen dem Rundweg weiter über Treppen bergab. Ich bin dankbar über die einzelnen hölzernen Stufen. Andernfalls würde der Abstieg durch das lose Geröll einer Rutschpartie gleichen. Und dann folgt eine weitere Stelle, die mich kurz innehalten lässt. Wir spazieren über eine Alm, die der Seceda zum Verwechseln ähnlich sieht. Nur, dass sich hier nicht etliche Fotografen tummeln. Wir haben die krasse Landschaft ganz für uns allein. Einzig ein paar Brillenschafe tummeln sich in der Nähe des Abgrunds.

Wenig später kommen wir an der Stevia-Hütte an. Die Hütte liegt wunderschön und von der Sonnenterrasse kann man die Bergwelt rundherum nochmals richtig genießen. Ich bestelle mir eine Portion Spaghetti und lasse einfach die Gedanken schweifen. Es ist hier oben wunderschön.

Auch interessant: Sorapis See – Wanderung zur türkisblauen Perle der Dolomiten

Fazit

Von der Hütte sind es dann noch rund 2 Stunden bergab durch die Silvesterscharte und zurück zum Ausgangspunkt. Auf dem Weg nach unten solltet ihr die Augen offen halten. Mit etwas Glück könnt ihr die seltene Schopfteufelskralle im Fels blühen sehen.

Insgesamt hat mir die Tour super gefallen. Die Route zählt nun zu meinen Lieblingswanderungen in den Dolomiten. Ich mag, dass der Weg nicht überlaufen ist und auch die eine oder andere Schwierigkeit bereithält. Dadurch ist der Rundweg bis zum Schluss spannend. Und zum Panorama muss ich wohl nichts mehr sagen. Der Blick ist kaum zu toppen. In der Umgebung kann ich euch übrigens auch eine Tour durch die Langkofelscharte empfehlen. Auch hier taucht ihr in eine “andere Welt” hinein.

Lage

Praktische Links

Kommentar verfassen