Es geht um ekeliges Essen. Der Name des Museums in Berlin ist recht selbsterklärend. Aber im Disgusting Food Museum Berlin geht es noch um viel mehr. Um regionale Gerichte und Essgewohnheiten und um sehr viel Tierleid. In der Massenproduktion, bei Transporten, beim Verzehr. Mit Exponaten, Riech-Proben und Filmen werden den Besucherinnen und Besuchern die Augen geöffnet für Dinge, die sie so schnell nicht wieder vergessen werden.

Triggerwarnung: In diesem Artikel geht es zum Teil um Tierquälerei und den Verzehr von Tieren.

Lohnt sich der Besuch im Disgusting Food Museum Berlin?

Seit 2021 besteht das Disgusting Food Museum in Berlin, das direkt an der berühmten Sehenswürdigkeit Checkpoint Charlie liegt. In der Ausstellung gibt es auf 600 Quadratmetern über 90 der ekelhaftesten Lebensmittel der Welt, so sagt es das Museum selbst auf der eigenen Website. Das Disgusting Food Museum ist das zweite dieser Art. Die erste Location befindet sich in Malmö, Schweden. Dort steht allerdings vor allem der Entertainment-Faktor im Vordergrund, so die Erklärung vor Ort. Gekotzt werde dort auch deutlich mehr.

Aber auch in Berlin wird Buch geführt, wie oft sich Besucherinnen und Besucher übergeben. Denn der Schockeffekt der Ausstellung ist Absicht. Es geht darum, dass Menschen verstehen, dass die Produktion und Zubereitung bestimmter Speisen mit Tierleid verbunden sein kann. Das Museum will zum Nachdenken anregen, über unsere eigene Ekelgrenze, moralische Werte und Alternativen zur Fleischindustrie.

Gearbeitet wird dafür multimedial. Ein Audioguide in mehreren Sprachen schlachtet ekelhafte und brutale Details genüsslich aus – die Wortwahl ausschlachten war hier übrigens nicht zufällig – und schafft es, Bilder im Kopf zu kreieren, die eigentlich niemand gerne haben möchte; die aber wahrscheinlich gerade darum sein müssen.

Fototipp: Wein aus Babymäusen, eine Suppe, aus der eine Schildkröte herausschaut und ein gehäuteter Schafskopf, der mit toten Augen zurückstarrt. Fotomotive gibt es viele im Disgusting Food Museum in Berlin, wie instagramable die aber sind, ist natürlich fragwürdig. Andererseits wird so die Botschaft vervielfacht.

Anreise zum Disgusting Food Museum

Lage:Berlin Stadtmitte nähe Checkpoint Charlie
Anreise:U2 und U6 bis Stadtmitte
Must-Do:Kotztüte griffbereit halten
Optional:Audioguide
Triggerwarnung:Videoaufnahmen von Tierquälerei

Das Disgusting Food Museum Berlin ist ganz einfach zu erreichen. Durch seine zentrale Lage in der Gegend vom Checkpoint Charlie ist die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr ideal. Die nächste U-Bahn ist Stadtmitte.

Die nächste Bushaltestelle ist Charlottenstraße für den Bus M29. Von allen Haltestellen sind es nur wenige Schritte zu laufen. Mehr als fünf Minuten werden es kaum sein.

Kotztüte zur Begrüßung

Das Erste, was Besucherinnen und Besucher im Disgusting Food Museum bekommen, ist eine weiße Tüte, falls jemandem schlecht wird. Was erst wie ein Witz wirkte, stellte sich bald als doch recht praktisch heraus.

Zwar beginnt die Ausstellung noch recht harmlos mit einem Text über Ekel und wie sehr er von kulturellen Gewohnheiten und der eigenen Umgebung beeinflusst wird, doch geht es dann auch direkt in die Praxis: Ein großes Glas mit toten Babymäusen (aus ihnen wird Wein gemacht), ein Video von einer durch einen Halsschuss ausblutenden Kuh und gewaltvoller Mästung von Enten für die französische Spezialität Fois Gras.

Das Verspeisen lebender Tiere

Es steigert sich. In einer Auflaufform liegt ein abgetrennter und gehäuteter Schafskopf, offenbar eine Delikatesse im Iran. Die toten Augen starren den Besucher direkt an. Daneben steht ein Tisch. Eine Erinnerung an einen Horrorfilm aus den siebziger Jahren (Der Name des Todes). In einer Szene verspeisen Menschen in einem Restaurant das Gehirn eines noch lebenden Affen. Das Tier ist in einem Käfig unter dem Tisch gefangen, die Schädeldecke, die dann nicht mehr da ist, ragt durch die Tischplatte und die Menschen bedienen sich. Der Audioguide beschreibt, wie das Tier kreischt, sich windet und versucht, den Qualen zu entkommen.

Daneben läuft ein Video. Über ein typisches Gericht in China und Südkorea. Auf den ersten Blick ein ganz normaler Anblick. Ein Fisch liegt auf dem Teller, der Körper ist zur Hälfte aufgeschnitten, sodass die Wirbelsäule frei liegt, rundherum Gemüse und Garnierung. Und dann fällt auf, das Tier ist noch gar nicht tot. Es ringt nach Atem, die Augen scheinen aus dem Kopf zu quellen, die Panik und das wahrscheinlich unerträgliche Leid sind unverkennbar.

Ich taste schon hastig nach meiner Kotztüte. Hoch kommt es mir noch nicht, aber es fühlt sich an, als wollten sich mein Magen und meine Seele gleichzeitig übergeben.

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Ekel-Bar zum Selbsttesten

Nach der Ausstellung gibt es noch die Möglichkeit, sich durch verschiedenes, als ekelig empfundenes Essen zu testen. Dazu gehören unter anderem verschiedene Insekten, Salz-Lakritz und Sauerkraut-Saft. Dazu gibt es, wenn gewünscht, ein Gespräch mit dem Team vom Disgusting Food Museum darüber, was wir kulturell als ekelig empfinden, wie wir das hinterfragen und dann vielleicht ändern können.

Denn genau das will das Disgusting Food Museum erreichen. Denkanstöße geben und das aufzeigen, was aus der Öffentlichkeit verschwunden ist. Die Menschen daran erinnern, dass Steaks eben nicht auf Bäumen wachsen. Und darum ist es vielleicht nötig, Besucherinnen und Besucher auch ein bisschen zu erschrecken und zu konfrontieren. Wer es übrigens durch die Ekel-Bar geschafft hat, darf sich auf einer Tafel, der Wall of Fame, eintragen.

Wetter


Die interaktive Karte zeigt, wie das Wetter aktuell in Berlin ist und die Vorhersage der nächsten 5 Tage aussieht.

Nichts für schwache Nerven, Seelen und Mägen

Das Disgusting Food Museum ist Hardcore! Aber das muss es wohl auch sein. Weil die Fleischproduktion mittlerweile hinter verschlossenen Türen stattfindet und dort vieles passiert, was die meisten wohl nicht gut finden würden. Deswegen liefert das Museum einen nicht ganz so freundlichen und vor allem nicht subtilen Reminder.

Wer hier hingeht, sollte sich darauf gefasst machen, dass er oder sie danach nicht einfach wieder zur Tagesordnung übergehen kann. Das Museum wirkt nach und das soll es auch. Ich habe in der zweiten Nacht nach dem Museumsbesuch einen Albtraum gehabt. Eine Truppe Männer sitzt betrunken in einem Biergarten. Einer von ihnen liegt oberkörperfrei auf dem Bauch auf dem Tisch. Zwischen seinen Schulterblättern klafft ein Loch. Die anderen verspeisen daraus Spiegeleier und Schinken. Der Mann kreischt, weint und kämpft in Panik und Verzweiflung gegen den Klammergriff an. Ich bin schweißnass aus dem Schlaf hochgeschreckt und bin die mentalen Bilder den ganzen Tag nicht losgeworden. Und nein, ich habe mir das nicht ausgedacht. So ist es wirklich passiert. Danke, liebes Disgusting Food Museum, du hast mich auf jeden Fall gezeichnet. Aber ich vermute, genau das wolltest du auch.

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Fazit

Wird ein Besuch im Disgusting Food Museum schön? Sicher nicht. Wirds Spaß machen? Auch nicht. Fühlt Mensch sich danach besser? Auf keinen Fall. Es muss aber trotzdem sein! Denn die Dinge, die uns das Disgusting Food Museum da multimedial um die Ohren und die Seele haut, die passieren wirklich. Jeden Tag, ob wir das nun wollen oder nicht. Und wir profitieren davon, in dem das köstliche Ergebnis auf unseren Tellern landet. Also sollten wir uns auch wenigstens der Verantwortung stellen, uns die Produktion und die damit verbundenen Qualen, Angst, Schmerzen und Panik wenigstens auch anzusehen, anzuhören und mitzufühlen.

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