In Berlin gibt es eine neue Attraktion mit langer Geschichte: Das Berliner Schloss steht wieder in der historischen Mitte. Jahrelang kontrovers diskutiert, dominiert heute das Humboldt Forum die Prachtstraße Unter den Linden – wie einst das alte Berliner Stadtschloss, in dem die preußischen Könige residierten. Als ich näherkomme, bin ich überrascht von der Monumentalität dieses Bauwerks mit seiner rekonstruierten Kuppel. Die Schlossfassaden vereinen Barock und Gegenwart. Sogar der berühmte Schlüterhof ist wiedererstanden. Begleitet mich bei meinem Besuch im Berliner Humboldt Forum mit seinen einzigartigen Museen und Sammlungen.
Lohnt sich ein Besuch des Humboldt Forums in Berlin?





Wenn ihr vom Lustgarten zum Humboldt Forum kommt, sieht der Bau ziemlich genau so aus wie das alte Berliner Barockschloss. Doch vom Alexanderplatz aus wirkt die Spreeseite wie ein nagelneues, nüchtern-modernes Gebäude. Es wird also nicht verheimlicht, dass das echte Stadtschloss im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt und später gesprengt wurde. Als ich davor stehe, bin ich überwältigt vom prachtvollen Eosanderportal, das wie ein Triumphbogen wirkt. Im Inneren seid ihr in einem komplett neuen, großzügig gestalteten Ausstellungshaus.
Originale Kunstwerke von der Fassade des alten Berliner Schlosses werden im Skulpturensaal gezeigt. Absolut inspirierende Stunden verbringe ich im Museum für Asiatische Kunst und im Ethnologischen Museum. Besonders für Familien lohnenswert ist es, die knackig-bunt aufgemachte, interaktive Ausstellung Berlin Global zu besuchen. Und auf der Dachterrasse locken klasse Ausblicke über die alte und sich immer wieder erneuernde Mitte Berlins.
Fototipp: Von den Spreeufern habt ihr die beste Aussicht auf das Humboldt Forum. An zwei Seiten führt der Fluss entlang, denn das Berliner Schloss liegt auf einer Spreeinsel. Die Schlosskuppel nehmt ihr am besten auf der Dachterrasse in den Fokus.
Anreise zum Humboldt Forum
Lage: | Gegenüber vom Berliner Dom |
Eröffnet: | 2021 |
Architekt: | Franco Stella |
Einkehrtipp: | Dachrestaurant Baret |
Must-See: | Skulpturensaal |
Am einfachsten ist die Anreise mit der S-Bahn oder dem öffentlichen Bus. Die Buslinien 100 und 300 halten am »Lustgarten«. Oder ihr unternehmt einen lohnenswerten Spaziergang von den S-Bahnhöfen Hackescher Markt oder Friedrichstraße. An der Spree entlang ist der Weg wunderschön. Zwar wird »Unter den Linden« als viel befahrene Autostraße genutzt, doch das Parken in der Berliner Mitte ist teuer.
Es gibt mehrere Eingänge in das Humboldt Forum: an der vorderen Fassade mit der Kuppel sowie an der Ostseite und an beiden Längsseiten mit Durchgängen durch die Innenhöfe.
Tickets und Besuch des Humboldt Forums
Infotheke und Kasse befinden sich in der zentralen Empfangshalle. Es empfiehlt sich, einen der ausliegenden Etagenpläne mitzunehmen, um sich in dem riesigen barrierefreien Bauwerk zurechtzufinden. Seit der Eröffnung im Jahre 2021 ist der Eintritt in große Bereiche des Humboldt Forums frei. Dies gilt derzeit für das Ethnologische Museum und das Museum für Asiatische Kunst, für die Ausstellungen “Einblicke” und “Geschichte des Ortes”, den Schlosskeller und den Skulpturensaal. Für die Ausstellung im Humboldt Labor sowie für die Dachterrasse ist ein kostenfreies Zeitfenster-Ticket notwendig.
Allein die Ausstellung Berlin Global kostet für Erwachsene Eintritt. Ein mehrsprachiger Medienguide ist über euer Smartphone kostenfrei und Führungen können vorab online gebucht werden. Dienstags ist das Humboldt Forum geschlossen.
Könige und Kaiser im Berliner Schloss
Die Geschichte dieses Ortes ist faszinierend: Im Mittelalter stand hier ein Kloster, das zur kleinen Doppelstadt Berlin-Cölln gehörte. Doch die Kurfürsten von Brandenburg-Preußen hatten Großes vor. Friedrich I. ließ sich zum König krönen und sein Architekt Andreas Schlüter baute die Königsresidenz zu einem prächtigen Barockschloss aus. Davon zeugt sein Meisterwerk, der wundervolle Schlüterhof. König Friedrich II. der Große zeigte sich aber nur selten hier, er war lieber in seinem Lustschloss Sanssouci.
Während der Revolution 1848 ließ der preußische Herrscher auf seine Untertanen schießen und später die Schlosskuppel errichten. Ab 1871 war das Berliner Schloss Residenz der deutschen Kaiser.
Zerstörung und Palast der Republik
Nach dem Ersten Weltkrieg war es mit der Monarchie vorbei und die Weimarer Republik wurde gegründet. Als Hitler die Demokratie zerstört hatte und einen Krieg vom Zaun brach, folgten die Bomben der Alliierten. Ein Großteil des Schlosses fiel in Trümmer. Manches war noch erhalten, aber die junge DDR wollte einen Versammlungs- und Aufmarschplatz und schickte 1950 die Sprengmeister. Erst in den 1970er Jahren wurde der monumentale Palast der Republik errichtet.
Hier sollte sich das Volk treffen und vergnügen, und hier tagte auch die Volkskammer, das Parlament der DDR. Wirklich demokratisch ging es aber erst nach der Wende 1989 zu. Der Palast der Republik war mit Asbest verseucht. Dies war einer der Gründe dafür, ihn komplett abzureißen.
Neubau des Humboldt Forums
Auf private Initiative hin reiften Pläne heran, das Schloss wiederaufzubauen. Der Bundestag beschloss dies 2002. Es sollte nicht mehr Ort der Herrschaft sein, sondern der Begegnung und der Auseinandersetzung mit Kultur und Geschichte. Der italienische Architekt Franco Stella errichtete einen Bau, in dem die meisten Barockfassaden und Höfe rekonstruiert wurden, das aber sonst ein Gebäude mit modernem Antlitz ist.
Von Anfang an fanden viele, teils scharf geführte Diskussionen um den Wiederaufbau des Schlosses und die Konzeption des Humboldt Forums statt. Diese sind bis heute nicht verstummt. Und das ist auch gut so, denn kaum ein anderer Ort in Berlin wird so von den Brüchen der deutschen Geschichte und Gegenwart geprägt. Obwohl preußische Adler die Fassaden zieren, soll das Humboldt Forum genau daran erinnern.
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Beeindruckender Schlüterhof und Skulpturensaal
Wenn ihr den Schlüterhof betretet, seht ihr an den Fassaden rekonstruierte Skulpturen. Doch achtet auf die dunkleren Fragmente, die stammen tatsächlich noch vom ursprünglichen Schlossbau! Gleiches gilt für einzelne Teile des prächtigen Portals von Johann Friedrich Eosander.
Ebenfalls original sind die Kunstwerke im Skulpturensaal. Dort findet ihr die Kolossalfiguren aus dem alten Schlüterhof. Diese sind bildhauerische Meisterwerke, wenn auch vom Zahn der Zeit und der Zerstörung gezeichnet. Sie entstanden, anders als manche Rekonstruktionen, ganz ohne Mithilfe von Maschinen.
Rundgang durch Schlosskeller und Videopanorama
Bevor das Berliner Schloss neu aufgebaut wurde, fanden archäologische Ausgrabungen statt. So wurden jahrhundertealte Fundstücke zutage gefördert. Die Grundmauern und Schlosskeller könnt ihr bei einem Rundgang besichtigen. Dabei bekommt ihr auch einen multimedialen Einblick und seht Bilder von der Sprengung. Ein kurzweiliges Videopanorama führt euch durch 800 Jahre »Geschichte des Ortes« in 14 Minuten.
Mit der Familie durch “Berlin Global”
Bunt, interaktiv und lebendig ist die Ausstellung Berlin Global, die vom Stadtmuseum Berlin verantwortet wird. Die Geschichte und facettenreiche Kultur der Stadt und ihrer Bewohner sowie die Wechselwirkungen mit der ganzen Welt stehen im Mittelpunkt dieser Erlebnisausstellung.
Seid ihr mit eurer Familie unterwegs, dann ist das der richtige Ort für euch. Knallige Wände, flackernde Bildschirme und einprägsame Installationen prägen das Bild. Der Hit ist eine riesige Discokugel, in der ihr nach den Musikstilen der letzten 100 Jahre tanzen könnt.
Interaktive Einblicke im Humboldt Labor
Ebenfalls interaktiv sind die Ausstellungen im Humboldt Labor, die von der Berliner Humboldt-Universität konzipiert werden. Ich habe die Eröffnungsausstellung »Nach der Natur« gesehen, die bis auf Weiteres hier gezeigt wird. Es geht um das Experiment und die vielfältigen Zusammenhänge in der Welt. Der geniale Naturforscher und Weltreisende Alexander von Humboldt ist zusammen mit seinem Bruder Wilhelm der Namensgeber des gesamten Hauses.
Nach seinem Leitspruch „Alles ist Wechselwirkung“ werden soziale, ökologische und technische Beziehungen erlebbar gemacht. So entsteht eine moderne Wunderkammer und die verschiedenen Wissenschaftszweige treten in einen erhellenden Dialog miteinander. Die Ausstellung „Einblicke. Die Brüder Humboldt“ informiert über das Leben und Wirken der beiden Brüder.
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Antike Buddhas im Museum für Asiatische Kunst
Aus Berlin-Dahlem sind das Ethnologische Museum und das Museum für Asiatische Kunst ins Humboldt Forum umgezogen. Wenn ihr im Moment keine Weltreise unternehmen könnt oder doch eine plant, im Humboldt Forum stimmt ihr euch darauf ein.
Herrliche Buddhas aus Gandhara lassen erkennen, dass diese von antiker griechischer Skulptur beeinflusst wurden. Eine bemalte buddhistische Höhle aus Kizil (China) sowie hinduistische Bildwerke aus Indien gehören zu den Highlights im Asiatischen Museum.
Vom japanischen Teehaus über balinesische Schattenfiguren bis zu muslimischen Kunstwerken reicht die Bandbreite der Exponate, die ihr auf eurer “Reise nach Asien” im Humboldt Forum erleben könnt.
Benin-Bronzen im Ethnologischen Museum
Schier unerschöpflich und absolut inspirierend, so empfinde ich die Masken, Kostüme, Ritualgegenstände, Skulpturen und Alltagsobjekte aus Afrika, Amerika und Ozeanien im Ethnologischen Museum. Atemberaubende, geschnitzte Kunstwerke von Völkern aus ehemaligen deutschen Kolonien könnt ihr entdecken.
Ein besonderes Augenmerk wird auf das Thema der Verbrechen im Kolonialismus gelegt. Zu meinen Highlights gehört ein über 100 Jahre altes riesiges Auslegerboot aus Neuguinea von der Pazifikinsel Luf.
Deutsche Kolonialisten zogen dort mordend und brandschatzend über die Insel. Die Rückgabe der Benin-Bronzen nach Nigeria ging durch die Presse und ist bereits in vollem Gange. Wollt ihr Originale sehen, manche sind noch hier! Die magisch aufgeladenen Gedenkköpfe für frühere Könige und Königinnen wurden 1897 von britischen Kolonialsoldaten aus Benin geraubt und dann auch an deutsche Museen verkauft.
Berlin von oben auf der Dachterrasse
Ihr könnt dem Schloss aufs Dach steigen! Es lohnt sich unbedingt, den Blick auf die Mitte Berlins von oben zu wagen. Ihr seht den Berliner Dom, die Museumsinsel, den Fernsehturm, das Rote Rathaus und vieles mehr.
Bei einem leckeren Stück Kuchen im stylischen Dachrestaurant Baret macht das gleich noch mal so viel Spaß. Und dann seid ihr auch nicht an die verkürzten Öffnungszeiten der Dachterrasse gebunden. Im Erdgeschoss und auf halber Höhe gibt es ebenfalls gastronomische Angebote, die ihr ausprobieren könnt.
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Fazit
Offen gesagt: Ein Tag reicht mir nicht, um alles genau anzuschauen. Denn das Humboldt Forum besucht man nicht nur einmal. Ähnlich wie bei der Museumsinsel ist es wohl eher ein Lebensprojekt, die vielen Facetten der Sammlungen kennenzulernen. Das sollte euch jedoch nicht abschrecken, fangt einfach an! Hier gibt es auch faszinierende Kulturveranstaltungen: Schaut online in das aktuelle Programm, bevor ihr anreist.
Das Humboldt Forum befindet sich auf derselben Spreeinsel wie die Museumsinsel mit ihren fünf Museen. Und dann wäre da noch der Berliner Dom mit seiner wundervollen Kuppel: Auf in die runderneuerte historische Mitte Berlins!
Lage
Praktische Links
- Offizielle Webseite: Humboldt Forum
- Die schönsten Burgen und Schlösser in Deutschland
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