Frauen, die sehr leicht bekleidet in rot erleuchteten Fenstern stehen und  vorbeigehenden Männern ihre Körper anbieten. Dieses Bild taucht unweigerlich im Kopf auf, wenn man an Amsterdam denkt. Allerdings ist das Stadtviertel „De Wallen“ mehr als nur ein paar ansehnliche Kurven und betrunkene Männergruppen mit Lust auf nackte Haut. Im Rotlichtbezirk von Amsterdam gibt es viel zu hinterfragen und viel zu lernen und genau das hat sich eine besondere Stadtführung zur Aufgabe gemacht, an der ich teilgenommen habe.

Lohnt sich die Rotlichtviertel-Tour in Amsterdam?

Im Rotlichtviertel in Amsterdam gibt es über 200 Fenster, die sich mehr als 800 Frauen in Schichten teilen. Interaktionen und Zusammenkünfte sind schnell getaktet, Preisverhandlungen sind hart und professionell. Hier geht es ums Geschäft, nicht um Romantik. Oft fühlen sich Touristen in Amsterdam eingeschüchtert von dem Rotlichtviertel und trauen sich nicht allein hinein. Dafür bietet das im Jahr 2015 gegründete Unternehmen Amsterdamliebe 1,5 Stunden lange kritisch informative Privat- und Gruppentouren an. Gelaufen werden knapp 1,8 Kilometer in sehr moderatem Tempo.

#amsterdam #sehenswürdigkeiten

Instatipp: Der einzige Tipp in Sachen Fotos im Red-Light-District lautet: Lasst es sein. Keine Handys, keine Kameras, keine Videos. Denn nur, weil die Frauen sich bestimmten Männern zur Verfügung stellen, bedeutet das nicht, dass sie fast nackt im Internet zu sehen sein wollen. Und möglicherweise wissen die Familien der Frauen auch gar nichts von ihrer Tätigkeit und sollen es keinesfalls auf diesem Wege erfahren.

Treffpunkt, Zeiten und Preise

Die informative Rotlichttour startet am National Monument am Dam im Herzen von Amsterdam. Dort einfach nach einer weiblichen Person mit einem roten Band um den Hals suchen. Da es am meisten Sinn macht, sich das Amsterdamer Rotlichtviertel in der Dunkelheit anzusehen, finden die Touren am Abend statt, nämlich um 18 Uhr, 19.30 Uhr und 21.30 Uhr. Wer in einer Gruppe von maximal 15 Personen durch das Viertel gehen möchte, zahlt 24 Euro. Privatgruppen sind ab einem Preis von 145 Euro zu haben. Die Führungen können einfach online über das Buchungssystem der Webseite gekauft und bezahlt werden.

De Wallen können einschüchternd wirken

Auch wenn das Amsterdamer Rotlichtviertel für mich ein Stadtteil wie jeder andere ist und ich völlig selbstverständlich dort hindurchgehe, wurde schnell deutlich, dass der Ruf, den das Viertel sich mittlerweile weltweit erworben hat, einschüchternd wirken kann. Aber schon beim Treffen mit der Stadtführerin wird klar, hier gibt es keinen Grund, sich Sorgen zu machen und es wird nichts peinlich sein, egal, welche Frage jemand stellt. Über Sex wird einfach gesprochen wie über jedes andere Thema auch.

Fotografieren unerwünscht

Noch am Treffpunkt, nach der Vorstellung durch die Stadtführerin, gibt es ein paar Hinweise zu Verhaltensregeln, die sich vornehmlich auf Taschendiebe und Fotografie beziehen. Hier wird noch einmal ganz ruhig erklärt, warum es nicht so unbedingt eine gute Idee ist, Fotos oder Videos zu machen. Aus der Gruppe kommt verständiges und allgemeines zustimmendes Nicken zurück, weil man sich einig ist, den Frauen den nötigen Respekt zu erweisen.

Verlauf der Tour durchs Rotlichtviertel

Stops der Tour sind unter anderem ein Kondomladen, ein Studio für Penispiercings (allgemeines Gekicher, als ein Freiwilliger gesucht wird), die roten Fenster und zum Abschluss eine Peep-Show aus den 70er Jahren. Dafür solltet ihr übrigens 2 Euro zur Hand haben. Die Gruppe wird von dem Guide so positioniert, dass die Frauen in den Fenstern sich nicht beobachtet fühlen. Es werden kritische Themen wie Krankheiten, Menschenhandel und Rechte besprochen. Ihr werdet auch erfahren, wie lange ein Mann bei den Frauen üblicherweise braucht, um fertig zu werden, aber wenn ihr die Minutenanzahl wissen wollt, müsst ihr die Tour buchen 😉

Fazit

Sicher ist es nicht einfach, eine Tour gleichzeitig informativ, kritisch und derart entspannt zu gestalten, dass sich keiner der Gäste peinlich berührt fühlt. Der Stadtführerin gelingt es aber mit sehr viel Natürlichkeit und hin und wieder eingestreuten Witzen. Von meiner Beobachterperspektive aus hat mehr als einmal ein bisschen Gekicher die Situation gelöst, obwohl ich überrascht war, wie unangenehm dieses Thema für manche Personen sein kann. Die kritische Tour ist sicher etwas für jeden, der sich entweder nicht allein ins Viertel traut oder Wert darauf legt, einerseits ungeschönte Informationen zu heiklen Themen zu erhalten und andererseits sicherzustellen, dass die Frauen in den Fenstern nicht behandelt werden, als wäre es ein Zoo.

Lage

Praktische Links

Gut zu wissen

Anders als bei der Herbertstraße in Hamburg ist es für Frauen jederzeit uneingeschränkt möglich, das Rotlichtviertel auch ohne Reisegruppe oder Tour zu besuchen. Wer sich nicht sicher ist, ob er sich am Abend traut, kann auch erst einmal tagsüber schauen und sich einen Eindruck verschaffen. Generell gibt es (außer Taschendieben) eher wenig, was im Rotlichtviertel befürchtet werden muss, sofern Besucher sich an die Regeln des gebührenden Respekts halten. Wer allerdings die Absicht hat, in den Cafés oder Bars etwas zu konsumieren oder in den Souvenirshops Andenken zu kaufen, kann davon ausgehen, die Abzockepreise zu bezahlen.

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