Radfahren, wo bitte? So hat jetzt wahrscheinlich die Reaktion vieler Leser ausgesehen und das ist auch gut so, denn die kleine Insel Saaremaa vor der Küste Estlands ist ein echter Geheimtipp und ein landschaftlich noch unberührter Fleck. Dieser ganz besondere Ort lässt sich am besten per Fahrrad erkunden. In meinem Erfahrungsbericht erfahrt ihr alles, war ihr übers Radfahren auf Saaremaa wissen müsst und ob sich eine Reise dahin lohnt.

Lohnt sich ein Besuch auf die Insel Saaremaa in Estland?

Wer unberührte Natur, Ruhe und Ursprünglichkeit zu schätzen weiß, der ist auf der estnischen Insel Saaremaa genau richtig, denn dort gibt es so gut wie nichts. Abgesehen von niedlichen kleinen Dörfern, Naturschutzgebieten und Stränden.

Auch wenn Saaremaa mit 2.672 km² die größte Insel des Landes ist, ist die Bevölkerungszahl mit 36.000 Einwohner eher gering. Umgerechnet sind das knapp 13 Menschen pro km² und die meisten leben in den Hauptorten Kuressaare und Orissare.

Instatipp: Ein beliebtes Fotomotiv auf Saaremaa ist der Kaali-Meteoritenkrater. Der grünliche Tümpel hat einen Durchmesser von 50 Metern und liegt knapp 18 Kilometer von Kuressaare entfernt. Wer die Kraft von Meteoriteneinschlägen ablichten will, hat hier die Chance dazu.

Anreise nach Saaremaa

Auf Saaremaa steht wohl der kleinste Flughafen, den ich bis jetzt gesehen habe. Etwas überspitzt ist dort derjenige, der die Eingangstür aufschließt, auch für den Check-In und die Taschenkontrolle zuständig. Von Tallinn aus fliegt ihr mit Avies Air für sehr kleines Geld in einem sehr kleinen Propellerflugzeug für maximal acht Menschen entlang der Küste, was euch einen wirklich spektakulären Ausblick verschafft.

Der Pilot war weniger beeindruckt, wie durch die offene Cockpit-Tür zu sehen war, denn er hat Zeitung gelesen. Eine viel längere Lektüre wäre bei den wenigen Minuten Flugzeit auch gar nicht möglich gewesen. Alternativ könnt ihr aber auch die Fähre zwischen Virtsu und Kuivastu nehmen, um auf die Insel zu gelangen. Es gibt auch Busverbindungen mehrmals täglich zwischen Tallinn und Kuressaare.

Pssst, bloß niemanden wecken

Fläche:2.672 km²
Einwohner: ca. 36.000
Must-See:Schloss Kuressaare
Aktivitäten:Radfahren, Wandern, Spa
Beste Reisezeit:Mai bis Oktober

In diesem kleinen, verschlafenen Nest ist die Zeit stehengeblieben. So mein erster Eindruck, als mir bei der Ankunft klar wurde, dass nur einmal am Tag ein Bus vom Flughafen in die Stadt fährt. Macht aber nichts, denn man kann auch einfach die Straße zehn Minuten hinuntergehen und schon ist man im Ortskern von Kuressaare, wo man als unbekanntes Gesicht relativ skeptisch beäugt wird. Schnell wird aber klar, neben ein paar Kirchen und einer Burganlage gibt es in dem Dorf nicht viel zu sehen. Bekannt ist der Kurort vor allem für seine zahlreichen Spa-Plätze. Angeblich sei Kuressaare die Stadt mit der größten Wellnessdichte weltweit. Für Wellness bleibt mir heute aber keine Zeit, deshalb gleich weiter zum nächsten Fahrradverleih.

Es gibt sicher zwei Möglichkeiten, sich per Rad auf Saaremaa zu bewegen. Entweder ihr schaut euch vorher das Streckennetz an und plant strategisch, wo ihr hin wollt, oder ihr macht es wie ich und fahrt einfach ziellos drauflos. Letzteres ist sicher die bessere Variante, wenn ihr morgens ankommt und nachmittags wieder abfliegt, denn die ganze Insel per Fahrrad in einem Tag zu umrunden, ist wohl etwas utopisch.

Radfahren rund um Kuressaare

Aber schon allein rund um Kuressaare gibt es etwa 20 Kilometer Streckennetz für Radfahrer und da ist sicher etwas dabei. Ich persönlich habe einfach bei der Radvermietung nach Tipps gefragt. Da es übrigens nur wenige Verpflegungsmöglichkeiten auf der Insel gibt und sich die meisten in den Dörfern befinden, empfehle ich euch dringend, genug Proviant einzupacken.

Menschen werden euch abseits der Dörfer wenige begegnen, dafür mehr Tiere auf den Weiden. Mein Highlight dieses Tagesausflugs war daher einfach, durch die erwachende Frühlingsnatur zum Strand zu fahren, dort ganz allein zu sitzen und aufs Meer hinaus zu schauen. Mehr Entschleunigung geht gar nicht.

Weitere Sehenswürdigkeiten auf der Insel Saaremaa sind die Steilküste Panga im Norden, die Bockwindmühlen von Angla und der Kaali-Meteoritenkrater. Ein wunderbarer Ort zum Abschalten ist auch der Leuchtturm der Halbinsel Sõrve Säär im Süden.

Fazit

Für einen Tagesausflug ab Tallinn ist Saaremaa ideal, maximal noch für einen Trip von wenigen Tagen oder für ein Wochenende. Für einen längeren Zeitraum könnte es dort eher langweilig werden. So ein Tagesausflug ermöglicht euch dann ein abwechslungsreiches Mischbad der Gefühle – erst mit Todesangst in der fliegenden Nussschale von Avies Air und dann mit absoluter Ruhe in der weiten Landschaft der Insel.

Wer also Natur und sportliche Bewegung zu schätzen weiß, dem kann ich einen solchen Ausflug unbedingt empfehlen. Wer jedoch Action sucht, ist hier völlig falsch.

Saaremaa ist übrigens im Sommer ein beliebtes Ferienziel für Camper. An der gesamten Küste bieten sich zahlreiche Möglichkeiten, auf Campingplätzen zu übernachten, was sich auch ideal mit einer mehrtägigen Radtour verbinden lässt. Durch die milden, maritimen Klimabedingungen ergeben sich lange und warme Sommer auf der Insel, so dass in der Hochsaison niemand im Zelt frieren muss.

Lage

Praktische Links

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