Wenn die Tage kürzer werden und sich die Blätter langsam bunt färben, beginnt in Südtirol die sogenannte fünfte Jahreszeit. Dann laden die Lokale, Höfe, Buschenschänken und Wirtsstuben nämlich zum Törggelen. Es wird gegessen, Wein getrunken und in geselliger Runde der Abend verbracht. Wir verraten euch, was es mit dem kultigen Brauch im Herbst auf sich hat und warum ihr das auch unbedingt probieren solltet.

Lohnt sich Törggelen in Südtirol?

Was eigentlich ist Törggelen überhaupt? In Südtirol ist dieser Brauch nicht mehr wegzudenken. Törggelen hat beinahe einen Stellenwert wie Weihnachten. Denn anlässlich der Tradition kommen Familienangehörige und Freunde von nah und fern zusammen. Dann verabredet man sich. Zum Wandern, zum Weintrinken und zum Genießen eines mehrgängigen Menüs mit lauter lokalen Speisen, inklusive Kastanien.

Der Brauch reicht lange Zeit zurück. Früher haben sich Bauern bei den Erntehelfern nach dem Einholen der Ernte mit einem großen Festmahl bedankt. Gleichzeitig wurden die neuen Weine der Saison probiert. Heutzutage beschränkt sich das Törggelen nicht auf einen einzigen Tag im Jahr. Die fünfte Jahreszeit Südtirols startet, sobald die ersten Kastanien reif werden und zieht sich bis zur Vorweihnachtszeit.

Instatipp: Wenn ihr Fotos beim Törggelen machen möchtet, dann rückt nicht nur das Essen in den Vordergrund, sondern versucht das Zusammensein einzufangen. Fotos von der Gruppe sind hier besonders geeignet. Die urigen Gaststuben bieten dafür häufig eh schon die perfekte Fotokulisse.

Anreise ins Eisacktal

Ich bin erstmals in meinem Leben zum Törggelen eingeladen. Und zwar bin ich im Eisacktal verabredet. Von München kommend sind das rund 3 Stunden Fahrzeit. Bei der langen Anreise bleibt ihr am besten direkt ein paar Tage in der Region. Hinzu kommt, dass beim Törggelen traditionell viel Wein getrunken wird. Danach noch Autofahren ist also sowieso nicht ratsam.

Mit dem Auto kommt außerdem fast keiner zum Törggelen. Denn es ist üblich, zuvor noch eine Wanderung zu unternehmen. Wir haben uns dafür ein Teilstück des Keschtnwegs ausgeguckt. So parken wir in Feldthurns und starten unseren Weg nach Klausen.

Wanderung über den Keschtnweg im Eisacktal

Um uns herrscht eine aufgeregte, eilige Stimmung. In Weinfeldern und Apfelplantagenn sind Menschen aktiv, Weinbauern reinigen riesige Fässer, um Platz für die neuen Trauben zu schaffen und Kastanien werden aufgesammelt. Das erleben wir hautnah, weil wir an verschiedenen Höfen vorbeikommen und mit dem einen oder anderen ins Gespräch kommen.

Am Radoarhof in Feldthurns dürfen wir den neuen Riesling direkt aus dem Fass verkosten und wir kommen einen Südtiroler Marende mit Salami, Schinken und verschiedenen Käsesorten serviert. Außerdem erklärt uns der Winzer bei einer Hofführung, wie der Wein angebaut und hergestellt wird.

Dann wieder geht es durch Kastanienhaine hindurch. Immer mal wieder knackt es über unseren Köpfen und die Kastanien fallen samt ihrer stacheligen Hülle zu Boden. Es ist eine ganz besondere Atmosphäre. Und es tut gut, sich unter der warmen Herbstsonne ein bisschen zu bewegen. So können wir einerseits die Natur genießen und andererseits kommt mit jedem Schritt mehr und mehr Appetit. Denn wir brauchen Platz im Magen für das, was kommt.

Tipp: Am Keschtnweg liegt auch das Kloster Säben. Die Benediktinerinnenabtei aus dem 17. Jahrhundert thront erhaben auf einem Hügel oberhalb von Klausen. Allerdings kann das Kloster selbst nicht besichtigt werden. Allerdings sind die Heilig-Kreuz-Kirche, die Marienkapelle, die Klosterkirche und die Liebfrauenkirche zu bestimmten Zeiten zugänglich.

6-Gänge-Menü zum Törggelen

Als die Sonne dann langsam hinter den Berggipfeln verschwindet, erreichen wir den Oberpartegger in Villanders. So nennt sich der Buschenschank, also der Törggelehof, in den wir heute einkehren werden. Einige Tische in der Gaststube sind bereits belegt. Es sind vorwiegend Gruppen mit mehr als vier Personen. Gespräche füllen den Raum, Weingläser klirren beim Anstoßen.

Auch wir lassen uns den hofeignen Weißwein zur Begrüßung schmecken. Generell sind alle Speisen und Getränke, die wir bekommen, direkt am Hof produziert worden. Sogar die Schweine werden hier gehalten und im Hof geschlachtet. Und so wird als erstes frischer Speck mit Brot aufgetischt. Es geht los!

Ich hätte zuvor nicht mit solch einem üppigen Menü gerechnet. Denn nach dem Speck wird eine wärmende Gerstensuppe serviert und anschließend lassen wir uns Kartoffelblattln mit Sauerkraut schmecken. Das alles wird auf Platten in der Tischmitte angerichtet. Jeder nimmt also so viel er möchte von der gemeinschaftlichen Platte. Und weil ja auch nicht so viel zurückgehen soll, bin ich bereits nach diesen drei Gängen satt.

Der Hauptgang folgt erst noch. Da wird eine Schlachtplatte gereicht. Hauswürste, gebratene Rippchen und Schweinebraten sind auf Sauerkraut angerichtet. Dazu gibt es Knödel. Danach ist wirklich niemand mehr hungrig. Als schließlich Krapfen mit Marmelade auf den Tisch kommen, habe ich das Gefühl zu platzen. Und trotzdem: Ich kann nicht aufhören. Es ist alles viel zu gut.

Von den Kastanien, die am Schluss des 6-Gänge-Menüs serviert werden, esse ich nur noch ein paar. Wenn sich Kastanien gut schälen lassen, sollen sie besonders gut sein. Das ist der Fall. Was ein Festmahl!

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Fazit

Ich freue mich bei jedem Südtirol-Aufenthalt auf die gute Küche und all die leckeren Speisen. Doch Törggelen setzt dem ganzen die Krone auf. Es ist ratsam, zuvor auf das Mittagessen zu verzichten. Dann aber würde ich jedem, der auf Hausmannskost steht, raten, Törggelen einmal auszuprobieren.

Nach dem Essen muss man auch nicht gleich aufbrechen. Bei Wein und guten Gesprächen gibt man dem Magen noch ein bisschen Zeit, um zu verdauen. Denn es geht ja nicht nur ums Essen, sondern auch ums Zusammenkommen. Im Nachhinein verstehe ich auch den Vergleich mit Weihnachten. Da läuft es – bei mir Zuhause zumindest – doch recht ähnlich ab.

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