Neugierig steige ich am Bahnhof Wolkenstein aus. Was mich heute wohl an diesem so märchenhaft klingenden Ort erwarten wird? Sofort sticht mir die namensgebende Burg ins Auge, die oberhalb einer riesigen Felswand thront und bis in die Wolken zu ragen scheint. Zu ihr hinauf führen zwei der insgesamt sieben Klettersteige der Region, die ich mir für heute vorgenommen habe – noch nichts ahnend, dass ich unterwegs neben sportlichen Herausforderungen auch spektakuläre Tiefblicke und malerische Aussichten erleben werde.

Lohnt sich der Ausflug in die Wolkensteiner Schweiz?

Bevor ich mich auf die Suche nach mir noch unbekannten Klettersteigen in Sachsen begeben habe, hatte ich noch nie von der Wolkensteiner Schweiz gehört. Und das sollte sich als ein gutes Zeichen herausstellen, denn die kleine Felsenlandschaft südöstlich von Chemnitz ist (noch) ein echter Geheimtipp zum Wandern und Klettern.

Im Felsengebiet rund um die Bergstadt Wolkenstein gibt es gleich sieben verschiedene Klettersteige unterschiedlicher Schwierigkeit, die sich alle an einem Tag meistern lassen. Direkt gegenüber vom Bahnhof führen zwei Klettersteige eine 80 Meter hohe Felswand hinauf zur hübschen Altstadt samt mittelalterlichem Schloss. Wenige Kilometer entfernt befindet sich ein zweites Klettergebiet mit weiteren fünf Klettersteigen. Dazwischen liegt eine rund einstündige Wanderung, die euch durch eine idyllische Landschaft mit atemberaubenden Aussichten führt.

Fototipp: Trolltunga im Kleinformat – an der Aussichtskanzel „Brückenklippe“ gibt es eine Felszunge, die 65 Meter über dem Zschopautal hinausragt. Besonders Wagemutige können hier ihre Beine baumeln lassen. Aber auch stehend lässt sich ein spektakuläres Foto mit Norwegen-Flair knipsen.

Anreise in die Wolkensteiner Schweiz

Schwierigkeit:A-D
Strecke:11 km
Gehzeit:4–5 h
Höhenmeter:280 hm
Beste Jahreszeit:April-Oktober

Um alle sieben Klettersteige zu einer schönen Rundtour zu verbinden, startet ihr am besten direkt am Bahnhof Wolkenstein. Die Anreise mit dem Zug dauert von Chemnitz aus etwa 50 Minuten. Mit dem Auto über die B101 geht es etwas schneller. Direkt am Bahnhof gibt es auch kostenfreie Parkplätze.

Wer weniger Zeit mitbringt oder die ersten beiden Klettersteige überspringen möchte, kann auch direkt an der Zschopau parken und erreicht den zweiten Kletterfelsen dann in wenigen Gehminuten. Aber Achtung: Es gibt keine wirkliche Ausschilderung, und man muss ein bisschen seinem Instinkt folgen.

Durch die Wolfsschlucht zum Einstieg

Nahezu unheimlich leer ist es an diesem sonnigen Herbstmorgen in Wolkenstein, als ich vom Bahnhof loswandere. Über eine Brücke gelange ich auf die andere Seite der Zschopau, wo die Wanderwege beginnen. Die Szenerie begeistert mich sofort: Sanft plätschert der Fluss unter mir entlang, gegenüber ragt die Felswand imposant in den blauen Himmel, oben thront das weiße Schloss, und die Bäume leuchten in den schönsten Herbstfarben.

Ich folge den Wegweisern zur Wolfsschlucht und wandere linkerhand des Felsmassivs zunächst ein paar Meter bergauf. Um zum Einstieg in die Klettersteige zu gelangen, muss man nun die schmale Felsengasse durchqueren und dann über einige Stufen wieder zum Flussufer hinabsteigen. Hier gibt es einen Picknickplatz, an dem ich erstmal meine Klettersteigausrüstung samt Gurt, Klettersteigset, Helm und Handschuhe anlege.

Noch ein kleiner Snack, Sonnencreme auftragen und Sonnenbrille aufsetzen, und schon bin ich bereit für den Klettersteig „Wolfspfad“, der mit einer Schwierigkeit B perfekt fürs Warm-Up geeignet ist. Da ich im Anschluss wieder hierher zurückkomme, kann ich meinen Rucksack auf der Bank abstellen und unbeschwert losklettern. In diesem befinden sich neben einem Fleecepullover, einer Regenjacke und einem Erste-Hilfe-Set auch ausreichend Wasser und Proviant, denn unterwegs gibt es keine Einkehrmöglichkeiten.

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Einsame Klettersteige in malerischer Felsenlandschaft

Der „Wolfspfad“ ist eine leichte Querungsferrata und trifft auf halber Strecke auf den Klettersteig „Wolkensteiner Hag“, der senkrecht bis nach oben zum Schloss verläuft. Ich gehe aber über den Notausstieg wieder zurück zum Ausgangspunkt, schnappe mir meinen Rucksack und klettere dann von unten noch einmal den gesamten Steig, der steil, aber gut gesichert, überwiegend auf Eisenklammern hinaufführt.

Nach insgesamt rund einer Stunde erreiche ich den Fuß der Burg und genieße auf einer Bank erst einmal die schöne Aussicht und die Ruhe. Weit und breit ist kein Mensch zu sehen, auch beim Klettern war ich völlig ungestört. In der hübschen Altstadt, die mich oben erwartet, begegnen mir ebenfalls nur wenige Menschen. Den Besuch des Schlossmuseums und des Erlebnisgasthofs hebe ich mir für meinen nächsten Besuch auf und laufe über den gelb markierten „Alpinen Wandersteig“ zum nächsten Kletterfelsen.

Über dem Abgrund der Wolkensteiner Schweiz

Bevor ich jedoch wieder an der Felswand hänge, mache ich einen Abstecher zur Aussichtskanzel „Brückenklippe“, die sich rund 70 Meter über der Zschopau befindet. Von hier habe ich einen traumhaften Blick über das orange-grün-gelbe Farbenmeer und auf die zwei namensgebenden Brücken. Die Felszunge, die hier aus der Wand ragt, ist nicht nur ein tolles Foto-Motiv, sondern auch der perfekte Platz für eine Brotzeit.

Kurz unterhalb befindet sich das Klettergebiet mit gleich fünf Klettersteigen, die alle relativ kurz sind und mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad. Ich lege meinen Rucksack am Fuße der Felswand ab und arbeite mich dann von rechts nach links vor. Für jeden Klettersteig braucht man nur wenige Minuten, und nach dem Aufstieg führt ein relativ wilder Pfad wieder zurück zum Ausgangspunkt. Neben mir sind hier noch eine Handvoll anderer Kletterer unterwegs, aber aufgrund der verschiedenen Routen kommen wir uns nicht in die Quere.

Nach Gratweg (B), Artist (C) und Bergweg (C) stellt der Gipfelweg (D) dann die erste Herausforderung für mich dar. Hier wurden nur wenige Steighilfen verbaut, sodass man die natürlichen Griffe des Felsens nutzen muss und gut an seiner Klettertechnik arbeiten kann. Danach sind meine Arme zwar schon ziemlich müde, aber jetzt wartet noch der letzte und auch schwierigste Steig auf mich.

Der Yeti (D/E) verläuft als Rundkurs genau über dem Kanal und hat auch zwei kleine Überhänge. Zunächst geht es circa 5 Meter steil bergab, dann eng an der Felswand entlang und auf der anderen Seite wieder hinauf. Mit letzter Kraft bewältige ich den finalen Überhang und ziehe mich zurück aufs Plateau. Da es hier keinen Notausstieg gibt, sollte man sich den Einstieg gut überlegen, denn sonst ist der einzige Ausweg ein Bad im Kanal. Eine Abkühlung könnte ich nach dieser intensiven Klettersteigtour zwar auch gebrauchen, aber stattdessen entscheide ich mich, noch über die Anton-Günther-Höhe bis zum Zeisigstein zu wandern.

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Fazit

Die Landschaft sieht an diesem sonnigen Herbsttag aus wie gemalt, auf der Wiese grasen Kühe und die Sonne nähert sich langsam dem Horizont. Der Zeisigstein ist der perfekte Ort, um den Sonnenuntergang anzuschauen und den Tag ausklingen zu lassen. Die Wolkensteiner Schweiz hat meine Erwartungen definitiv übertroffen. Die Klettersteige sind super geeignet für alle, die erste Klettersteigerfahrungen sammeln, sich am nächsten Schwierigkeitsgrad ausprobieren oder einfach außerhalb der Klettersteigsaison in den Alpen ein bisschen am Fels kraxeln möchten. Verbunden ergeben sie eine sportliche Tagestour. Die idyllische Felsenlandschaft rund um die hübsche Bergstadt Wolkenstein ist aber auch darüber hinaus ein lohnenswertes Ausflugsziel.

Hinweis: Der DAV Chemnitz bietet regelmäßig Kurse für den Einstieg ins Klettersteigen und Felsklettern in der Wolkensteiner Schweiz an.

Lage

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