Ich staune nicht schlecht, als sich wie aus dem Nichts Schneewände rechts und links der Fahrbahn erheben. Zwar habe ich mich auf Schnee eingestellt, schließlich bin ich gezielt zur Schneeräumung der Glocknerstraße angereist, aber mit so viel habe ich nicht gerechnet. Wir halten kurz an. Die Schneewand ist fast dreimal so groß wie ich. Und ganz oben am höchsten Punkt auf über 2.500 Meter Höhe soll uns noch mehr erwarten.
Schneeräumung an der Großglockner Hochalpenstraße
Im Winter ist die Großglockner Hochalpenstraße geschlossen. Viel zu viel Schnee bedeckt die Fahrbahn und die Hänge neben der Straße sind zum Teil stark lawinengefährdet. So startet jedes Jahr im Frühling eine massive Schneeräumungsaktion. Zur Eröffnung der Straße im Jahr 1935 wurden die Räumungsarbeiten noch von Hand mit Schneeschaufel vollzogen. Seit 1953 übernehmen sogenannte Rotationsflüge die Arbeit. Die wurden übrigens von Franz Wallack höchstpersönlich entwickelt. Er ist gleichzeitig der Erbauer der Glocknerstraße.
Die Flüge nehmen zwar körperliche Arbeit ab, trotzdem bleiben die Räumungsarbeiten eine Herausforderung. Denn die Arbeiter befinden sich nach wie vor im Hochgebirge und sind weiterhin der Lawinengefahr ausgesetzt. Damit nichts passiert, arbeitet das Team mit fachkundigen Bergführern zusammen.
Allen gemeinsam ist zu verdanken, dass die Straße mittlerweile in circa einem Monat geräumt werden kann. Im Jahr 2021 haben die Schneeräumarbeiten Anfang April begonnen. Am 10. Mai kam es zum Durchstich und seit dem 12. Mai ist die höchstgelegene, befestigte Passstraße Österreichs wieder für den Ausflugsverkehr freigegeben.
Fototipp: Ein Foto zwischen den gigantischen Schneebergen war ein Muss für mich. Wenn ihr das auch möchtet, dann müsst ihr schon recht bald nach der Öffnung da sein. Und achtet natürlich auf eure Sicherheit! Stellt euch nicht in Bereiche, die nicht einsehbar sind.
Frühling im Tal, Winter am Berg
Wir sind beim Durchstich live dabei. Umso aufgeregter bin ich, als ich morgens ins Auto steige. Wir werden nämlich die ersten sein, die in diesem Jahr mit dem Auto über die Großglockner Hochalpenstraße von Salzburg nach Kärnten fahren.
Durch Bilder aus den letzten Jahren weiß ich ungefähr, wie viel Schnee uns am höchsten Punkt, am Hochtor auf 2.504 m, erwarten wird. Richtig vorstellen kann ich mir das allerdings noch nicht. Denn hier unten in Zell am See sind es bereits morgens 17 Grad. Der Tag verspricht also sommerlich warm zu werden. Hab ich vielleicht beim Packen doch übertrieben? Im Gepäck sind nämlich Handschuhe, eine gefütterte Jacke, Mütze und ein Tuch für den Hals.
Nicht nur zum Durchstich, sondern generell, sollten bei der Auffahrt über die Großglockner Hochalpenstraße Sonnencreme und die Sonnenbrille dabei sein. Zum einen unterschätzt man die UV-Strahlung in höheren Lagen gerne mal, weil es ja doch ein bisschen kühler ist. Zum anderen wird der Schnee auch nach der Eröffnung nicht sofort wegtauen und das reflektiert die Sonneneinstrahlung natürlich extrem.
Podcast-Tipp
Bucketlist – Dein Reisepodcast
Jetzt reinhören: In dieser Folge geht´s mit dem Fahrrad
über die höchstgelegene Passstraße in Österreich.

#8 Mit dem Fahrrad über die Großglockner-Hochalpenstraße feat. Marius Quast – Bucketlist – Dein Reisepodcast
Durch meterhohe Schneewände hindurch
Strecke: | 47,8 km |
Kehren: | 36 |
Höchster Punkt: | 2.504 m |
Must-See: | Kaiser-Franz-Josefs-Höhe |
Beste Reisezeit: | Mai-Oktober |
An der Mautstelle Ferleiten kurz hinter Bruck an der Glocknerstraße werden wir von großen, roten “X”-Beleuchtungen über den einzelnen Mauthäuschen empfangen. Die Straße ist noch gesperrt. In Begleitung dürfen wir bis zu den andauernden Räumungsarbeiten auffahren. Dafür öffnet ein Mitarbeiter die Schranke. Und wir düsen los.
Kehre um Kehre schlängeln wir uns nach oben. Davon gibt es übrigens insgesamt 36 auf der Großglockner Hochalpenstraße. Zu Beginn leuchten nur die Schneeberge im Hintergrund weiß. Die Fahrbahn ist trocken. Daneben sprießen die ersten Frühlingsblumen und wir kommen an dem einen oder anderen Rennradfahrer im kurzärmligen Trikot vorbei.
Doch mit jedem Meter wird es winterlicher. Zuerst sind nur vereinzelt kleine Schneehaufen am Fahrbahnrand zu sehen. Danach verändert es sich extrem schnell. Nur drei Kehren weiter fahren wir plötzlich zwischen Schneewänden hindurch, die weit über das Autodach hinausragen. Wir halten an, steigen aus. Das wirkt so unecht. Ich muss den Kopf ganz weit in den Nacken legen, um mit dem Blick zum Ende der Schneewand zu wandern. Diese Mauer ist bestimmt dreimal so groß wie ich. Also ungefähr 5 Meter hoch.
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Durchstich am höchsten Punkt
Kurz vor dem Hochtor kommen wir nicht mehr weiter. Hier liegen noch ca. 50 cm Schnee auf der Fahrbahn. Und das über eine Strecke von mehreren hundert Metern. Zwei Schneefräsen bewegen sich aufeinander zu. Eine aus Salzburg und eine von der Kärntner Seite. Schwerfällig arbeiten sie sich nach vorne. Die rotierende Schaufelwalze dreht sich unter dem Schnee in gleichmäßigem Tempo. Der Schnee wird durch das Rohr nach oben transportiert und über 40 Meter weggeschleudert. Es schaut aus wie diese Fontänenbrunnen, die manchmal in Innenstädten stehen.
Zentimeter für Zentimeter kommen sich die Maschinen näher. Dann stehen sie sich gegenüber. Ein Daumen wird in die Höhe gereckt. Der Durchstich ist erfolgt. Ein Schneepflug räumt die letzten Reste beiseite und wir können weiterfahren.
Freie Fahrt nach Kärnten und zur Kaiser-Franz-Josefs-Höhe
Der Weg nach Kärnten ist also frei. Und auf der anderen Seite des Passes wartet der eigentliche Höhepunkt der Fahrt über die Großglockner Hochalpenstraße. Denn etwa auf der Hälfte zwischen dem Hochtor und Heiligenblut könnt ihr zur Kaiser-Franz-Josefs-Höhe abbiegen. Dieser Abstecher wird allerdings in der Regel erst einige Tage nach der offiziellen Öffnung der Glocknerstraße freigegeben.
Wir setzen also die Fahrt direkt nach Heiligenblut fort. Und ich staune nicht schlecht. Denn vor mir liegt eine Szenerie, die fast zu kitschig wirkt, um wahr zu sein. Heiligenblut habe ich bisher im Sommer und im Winter kennengelernt. Doch die Ansicht im Frühling toppt alles.
Kurz oberhalb des Ortes komme ich aus dem Staunen nicht mehr raus. Vor mir liegen die Hausdächer. Dazwischen erhebt sich die Kirche. Und dahinter ragt eindrucksvoll der Großglockner umgeben von weiteren 3.000ern auf. Und das wirkt gerade noch viel imposanter. Denn der Schnee zieht sich noch weit in Richtung Tal hinab, während die Wiesen im Vordergrund in einem frischen Hellgrün um die Wette strahlen. Darüber liegt ein azurblauer Himmel. Österreich, wie aus dem Bilderbuch!
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Fazit
Es war cool, die Schneeräumaktion so hautnah miterleben zu können, über die Schneemassen zu staunen und den Kontrast zwischen sommerlichen Temperaturen im Tal und tiefstem Winter am Berg zu fühlen. Außerdem ziehe ich meinen Hut vor der Leistung der Arbeiter, die die komplette Straße in doch recht kurzer Zeit geräumt haben. Wahnsinn!
Wenn ihr einen Ausflug über die Großglockner Hochalpenstraße plant, dann lohnt es sich, auf die Öffnung der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe zu warten. Denn dort habt ihr einen sensationellen Blick auf den Großglockner. Davor erstreckt sich der größte Gletscher Österreichs, die Pasterze. Einmal in der Woche wird auf der massiven Gletscherzunge, die sich von Jahr zu Jahr weiter zurückzieht, ein geführtes Gletschertrekking angeboten. Das haben wir im vergangenen Sommer ausprobiert.
Lage
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