Nachdenklich laufe ich durch den Bärenwald Müritz bei Stuer im Herzen der Mecklenburgischen Seenplatte. Wie fühlt sich ein Bär, der 30 Jahre in einem kleinen Käfig eingesperrt ist? Welche Schmerzen erleidet er, wenn er als Tanzbär dressiert wird und über glühende Metallplatten laufen muss? An jeder Ecke des Tierschutzprojektes von VIER PFOTEN entdecke ich Informationstafeln, die auf interaktive Weise über die Rettung aus katastrophalen Haltungsbedingungen aufklären. Dieser Ausflug ist definitiv ein ganz besonderes Erlebnis, das nicht mit einem Zoobesuch zu vergleichen ist. Kommt mit in eines der größten Bärenschutzprojekte Europas.

Lohnt sich ein Besuch im Bärenwald Müritz bei Stuer?

Der 2006 gegründete Bärenwald Müritz ist ein Tierschutzprojekt der Tierschutzorganisation VIER PFOTEN. Dieser befindet sich in Mecklenburg-Vorpommern bei Stuer, südlich des Plauer Sees. So lässt sich ein Besuch gut mit einem Aufenthalt an der Mecklenburgischen Seenplatte kombinieren. Das übergeordnete Ziel von VIER PFOTEN liegt darin, die nicht artgemäße Haltung von Bären zu beenden und ein Verbot für Restaurant-, Tanz- oder Kampfbärenhaltung auszusprechen.

Aktuell leben 11 Braunbären in ausgedehnten Gehegen, um ihre natürlichen Instinkte wiederzuentdecken, nachdem sie über Jahre in kleinen Gehegen gehalten und mit grausamen Methoden dressiert wurden. Die Anlage des Bärenwaldes ist 16 Hektar groß und die Gehege der Bären umfassen jeweils 5.000 m².

Fototipp: Wenn du Glück hast, dann kannst du vom Rundweg aus gute Fotos von den Bären machen. Denn die Braunbären laufen an manchen Stellen nah am Zaun entlang. Sei dir aber bewusst, dass du aufgrund der Größe der naturnahen Gehege möglicherweise nicht alle Tiere bzw. gar kein Tier sehen kannst.

Anreise zum Bärenwald Müritz

Lage:Stuer, südlich des Plauer See
Anreise:Rundbus “Plauer See”, Fahrrad oder Auto
Anzahl:11 Braunbären
Anlage:16 Hektar
Besonderheit:Naturnahe Gehege für gerettete Bären

Ich empfehle, mit dem Rundbus “Plauer See” oder dem Fahrrad anzureisen, wenn ihr in der Umgebung eine Unterkunft habt. Der Bärenwald liegt direkt an den weitreichenden Radfernwegen “Mecklenburgische Seenplatte-Lewitz” und “Mecklenburgischen Seenradwegs”. Auch deshalb gibt es hier einen Bike-Stopp, an dem ihr die Reifen aufpumpen oder Zubehör kaufen könnt. Alternativ könnt ihr auch das Auto nutzen. Es gibt mehrere Parkplätze. Adresse für das Navi: Bärenwald 1, 17209 Stuer.

Für einen Besuch im Bärenwald sollte man ungefähr 2–3 Stunden Zeit einplanen, je nach Wahl des großen oder kleinen Rundweges im Wald. Ein Besuch kann also gut als Halbtagesausflug geplant werden und ist familienfreundlich. Hunde sind im Bärenwald übrigens erlaubt. Es gibt sogar einen großen Hundespielplatz, der kostenlos ist.

Keine Garantie auf Bären-Sichtung

Es ist wichtig zu wissen, dass man bei seinem Besuch eventuell keine Bären sieht. Der Fokus des Tierschutzprojekts liegt darauf, dass mithilfe der Größe der Gehege den Bären ein Rückzugsort ermöglicht wird und die Anlagen den natürlichen Bedürfnissen der Bären weitgehend gerecht werden können.

So können die Bären je nach Stimmung selbst entscheiden können, ob sie in die sichtbaren Bereiche für Touristen gehen möchten. Ich finde diesen Ansatz sehr gut. Man sollte nicht enttäuscht sein, wenn man keine Bären sieht, sondern darüber froh sein, dass die Bären viel Platz haben.

30 Jahre Zirkusbär in 3 Minuten zu Beginn

Wir starten unseren Ausflug am Nachmittag. Ich empfehle, wetterfeste Kleidung dabeizuhaben, da sich die Anlage ja im Freien befindet. Im Besucherzentrum angekommen, bekommen wir Papier-Brillen in die Hand gedrückt, die für die erste Station im Bärenwald gedacht sind. Wir verlassen das Hauptgebäude, gehen an der Futterküche entlang und erreichen ein längliche, schmale Hütte.

Ich setze die Brille auf, schließe meine Augen und gehe durch den dunklen Gang. Plötzlich höre ich aus einem Lautsprecher Stimmen von Zoobesuchern, die die Aufmerksamkeit der Zootiere durch Rufe bekommen wollen. Dieses Erlebnis verdeutlicht in drei Minuten, wie sich die Bären über Jahrzehnte im Zoo fühlen müssen. Ich bin sehr überrascht über diesen interaktiven Einstieg, der einen auf jeden Fall zum Nachdenken und Grübeln anregt. 

Wetter


Die interaktive Karte zeigt, wie das Wetter aktuell in Stuer ist und die Vorhersage der nächsten 5 Tage aussieht.

Rettung aus katastrophalen Haltungsbedingungen 

Kurz darauf komme ich am ersten Bärengehege an. Ich habe Glück, denn plötzlich erscheinen am Gitter gleich zwei Bären, von denen einer humpelt. An jedem Gehege sind Informationsschilder angebracht, die Auskunft über jeden einzelnen Bären geben.

Ich erfahre, dass es sich um die beiden Bären Sylvia & Pavle handelt, die aus einem kleinen Käfig eines serbischen Zirkus gerettet wurden. Dort wurden sie mit Abfällen gefüttert und lebten ungeschützt vor Regen, Kälte und Hitze. Sylvia besitzt eine deformierte Vorderpfote, da sie vermutlich an einem Gitter hängengeblieben ist und sich dabei verletzte.

Übrigens: Der prominenteste Bär, der bisher im Bärenwald lebte, war “Bruno”. 2011 wurde er aus dem ehemaligen Tierpark Lübeck hier zum Plauer See gebracht. Leider verschlechterte sich sein Zustand und er musste nach 2 Monaten eingeschläfert werden.

Interaktive Galerie der Bären & Einkehr

Nah an diesem Gehege komme ich an einem Zirkuswagen vorbei. Ein Blick in den Wagen lohnt sich, denn man kann über einen Fernseher weitere Informationen über den Bärenwald und die Mission der Tierschutzorganisation VIER PFOTEN erhalten. An dem sich dahinter befindenden Bärenanhänger erkenne ich eine interaktive Galerie der Bären mit den dazugehörigen Informationen, die per Tonausgabe zu hören sind. Interessiert bleibe ich stehen und lausche den Hintergrundgeschichten einiger Bären.

Bei unserem weiteren Weg durch den Bärenwald machen wir einen kurzen Abstecher zum “Mütze Fischimbiss”. Hier kann man seinen Hunger mit Fischbrötchen (Fische aus dem angrenzenden Fischteich) oder mit einer Suppe stillen.

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Großer und kleiner Rundweg durch den grünen Bärenwald

Vom Picknickplatz und dem familienfreundlichen Spielwald kann man sich für eine große oder kleine Rundwanderung entscheiden. Wir entscheiden uns für die große Runde, die ich im Nachhinein auf jeden Fall empfehlen kann. Wir kommen vorbei an interessanten VIER PFOTEN Bärenprojekten, lernen über die Bärenrassen der Welt und gelangen schließlich zum sogenannten Ruhepool.

Vor uns ragt plötzlich ein riesiges Tipi hervor. Das Innere des Tipis überrascht mich, denn ich entdecke Bilder und Wandbemalungen an der Innenseite des Tipis – nicht nur einen kleinen und großen Bären, sondern auch ein beleuchtetes Sternzeichen und Jäger. In der Mitte erkenne ich ein Lagerfeuer und an den Seiten stehen Holzliegen.

Spannende Bärengeschichten am Lagerfeuer

Ein Buch weist uns darauf hin, dass wir es uns gemütlich machen sollen. Wir legen uns hin und ich lese die Geschichten aus dem Buch laut vor. Dabei erfahre ich, dass beispielsweise bereits seit Jahrhunderten die Bärengalle in der traditionellen Medizin eingesetzt wird und dieses Tierleid vermieden werden könnte, da bereits künstliche Wirkstoffe als Ersatz vorhanden sind. Und ich realisiere, dass die Sternbilder des Großen und Kleinen Wagens auch Großer und Kleiner Bär heißen, da die Sterne den Beckenbereich mit Schwanz darstellen. Dieses Erlebnis ist sehr cool umgesetzt!

Video-Tipp


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Naturnahe Gehege mit Höhlen und Teichen

Auf dem weiteren Weg des großen Rundpfades durch den Wald gelangen wir zu einem spannenden Entdeckerpfad. Mithilfe eines Labyrinths lernen wir spielerisch mehr über das Verhalten von Bären. Zwei Höhlen und eine Abenteuerrutsche machen das Erlebnis zu etwas ganz Besonderem. Unerwartet entdecken wir dann noch zahlreiche Bären zwischen den Bäumen und Teichen: Insgesamt sehen wir sogar 7 Bären!

Ein Bär läuft immer wieder am Zaun auf und ab. Wir erfahren an einem Informationsschild, dass es sich dabei um Stereotypie handelt, ein stark verinnerlichtes Verhaltensmuster, dass meistens ein Leben lang beibehalten wird, auch wenn sich die Lebensbedingungen deutlich verbessern. Dieses Verhalten sieht man leider auch in vielen deutschen Zoos.

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Fazit

Wir beenden unseren Rundgang mit einem Besuch im großen Shop des Besucherzentrums. Dieser ist gut geeignet, um ein Mitbringsel zu kaufen, das gleichzeitig das Tierschutzprojekt fördert. Ich freue mich, dass ich durch diesen Besuch einiges über die naturnahe Haltung von Braunbären lernen konnte.

Unter anderem wurde jedoch auch deutlich, dass es auch in Deutschland, beispielsweise in Zoos, nach wie vor Bären in kargen, betonierten Gehegen gibt. Daher rate ich jedem, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen und eine bewusste Entscheidung zu treffen, welche Einrichtungen besucht werden sollte. Im Rahmen eines Besuchs der Mecklenburgischen Seenplatte kann ich einen Halbtagesausflug in den Bärenwald Müritz auf jeden Fall sehr empfehlen.

Lage

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