Drahtseilversichert geht es durch den Sperrbachtobel, der wildesten Lawinenschlucht im Allgäu. Links, an der Wandseite, plätschert das Wasser hinab. Mit Blick auf die höchsten Gipfel des Allgäus kraxeln wir aufwärts. Dann sehen wir sie: die Kemptner Hütte. Erste Station auf dem E5-Wanderweg von Oberstdorf nach Meran. So weit wollen wir heute aber gar nicht. Das Ziel ist bloß ein Stück Käsekuchen in einer der größten Hütten der Alpen.
Lohnt sich die Wanderung zur Kemptner Hütte im Allgäu?





Die Kemptner Hütte ist weit über das Allgäu hinaus bekannt, schließlich startet hier ein beliebter Teil des Europäischen Fernwanderwegs E5: das Stück von Oberstdorf nach Meran. Wer die Mehrtagestour unternehmen möchte, sollte frühzeitig in allen Hütten Betten reservieren.
Die Wanderung zur Kemptner Hütte lohnt sich aber auch für nur einen Tag, verbindet sie doch tolle Aussichten, flache und steile Stücke und Einkehrmöglichkeiten zu Beginn, zur Hälfte und am Ende des Weges. Außerdem gilt die Alpenvereinshütte als eine der größten Hütten der Alpen.
Wasser ist bei dieser Wanderung euer ständiger Begleiter, obendrein könnt ihr euch auf Begegnungen mit Kühen, Hühnern und Schweinen freuen. Ich habe sogar Murmeltiere gesehen. Vielleicht habt ihr ja auch Glück!
Fototipp: Von der Terrasse der Kemptner Hütte habt ihr einen tollen Blick auf den 2.368 Meter hohen Muttlerkopf. Besonders eindrucksvoll wird das Foto, wenn ihr den Blumenschmuck der Hüttenwirte auch noch mit aufs Bild nehmt.
Anreise nach Spielmannsau in Oberstdorf
Gehzeit: | 4 Stunden |
Höhenmeter: | 924 hm |
Strecke: | 6,1 km |
Beste Reisezeit: | Mitte Juni bis Mitte Oktober |
Wanderbus: | Fahrplan |
Los geht die Wanderung in Spielmannsau. Die Straße dorthin ist für den öffentlichen Verkehr gesperrt. ÖPNV-Fahrer fahren zum Bahnhof Oberstdorf.
Autofahrer parken am besten in Oberstdorf, zum Beispiel beim Parkplatz der Nebelhornbahn. Von München aus braucht man nach Oberstdorf etwas mehr als zwei Stunden. Dort sucht ihr euch einen der öffentlichen Parkplätze am Bahnhof und nehmt anschließend den Wanderbus 9763 bis Spielmannsau.
Besonders motivierte Wanderer können den flachen, etwa 10-Kilometer langen Weg bis Spielmannsau auch zu Fuß gehen. Ihr braucht die typische Ausrüstung für eine Tagestour: Wanderschuhe, wetterfeste Kleidung, gegebenenfalls ein Wechselshirt, Sonnenschutz (Hut oder Kappe und Sonnencreme) sowie genügend Proviant und Wasser. Unterwegs gibt es aber auch mehrere Einkehrmöglichkeiten.
Los geht es im schattigen Trettachtal
Das auf 987 Meter Höhe gelegene Spielmannsau ist ein Gemeindeteil von Oberstdorf und eine winzige Siedlung auf der flacheren, östlichen Seite des Trettachtals. Neben einem Landhaus, einem Bauernhof und einer kleinen Kapelle gibt es hier ein Jugendheim und einen Berggasthof, der uns am Nachmittag eine vorzügliche Frucht-Buttermilch verkaufen wird.
Jetzt in der Früh liegt das Trettachtal im Schatten. Mit fantastischem Blick auf die Trettachspitze (2.595 m) und den Kratzer (2.428 m) starte ich mit meiner Mutter und meiner kleinen Schwester auf einem etwa drei Meter breiten Talweg Richtung Süden. Die Straße endet bei der Materialseilbahn der Kemptner Hütte.
Wir biegen direkt davor rechts in den Bergmischwald ab. Es geht gemächlich aufwärts. Zunächst ist der Pfad breit, wird dann aber Richtung Talende zunehmend breiter. Je nach Jahreszeit könnten euch hier wilde Himbeeren ablenken. Neben uns fließt der Trettach, genau wie Stillach und Breitach ein Quellfluss der Iller.
Erste Rast am sogenannten „Knie“
Wir überqueren die kleine Sperrbachbrücke, anschließend schlängelt sich der dicht bewachsene Weg in einigen Serpentinen steil hinauf. Nach einer halben Stunde erreichen wir das sogenannte „Knie“ und einen aussichtsreichen Rastplatz. Zeit für einen Snack und eine Tasse Kaffee aus der extra eingepackten Thermoskanne.
Heute sind wir zwar alleine hier, befinden uns aber trotzdem in bester Gesellschaft: die kleine, steinerne Kapelle, die hier steht, wird nämlich schon seit Jahrhunderten von Pilgern angesteuert. Das Materl mit den davor stehenden Steinbänken wurde im 17. Jahrhundert für die Wallfahrt zwischen Holzgau und Oberstdorf errichtet. Schon einige Lawinen haben es niedergerissen, doch es wurde immer wieder aufgerichtet.
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Durch die wildeste Lawinenschlucht im Allgäu – Sperrbachtobel
Nach der Rast geht es ein Stück abwärts in Richtung Sperrbachtobel, die wildeste Lawinenschlucht im Allgäu. Hier bleibt der Schnee lange liegen, mit Altschneefeldern ist also zu rechnen. Mit Blick auf den Muttlerkopf (2.368 m) überqueren wir den Sperrbach erneut und wandern nun auf der linken Bachseite am Bachbett entlang hinauf durch den Sperrbachtobel.
Der teilweise drahtseilversicherte Weg ist steinig, steil und feucht. An der Wand fließen stellenweise Bäche hinab, an denen wir unsere Wasserflaschen auffüllen können. Noch ein paar Meter, dann können wir unterhalb des wuchtigen Kratzers die Kemptner Hütte sehen.
Die rustikale Kemptner Hütte am E5 Wanderweg
Wer hier übernachten will, muss früh reservieren. Die Hütte liegt auf dem beliebten E5 Wanderweg, ist immer gut besucht, aber dennoch sehr sauber und gut ausgestattet. Obwohl die rustikale Gaststube sehr einladend wirkt, setzen wir uns bei dem guten Wetter auf die Terrasse.
Vor dem Essen komme ich mit zwei gut bepackten Wanderinnen ins Gespräch, die heute ihre erste E5-Etappe hinter sich gebracht haben. Plötzlich ein schrilles Pfeifen und dann sehr bald noch eins. Murmeltiere! Wer jetzt weiterwandert, etwa unschwer anderthalb Stunden zum Muttlerkopf, kann den kleinen Alpentierchen sogar ganz nah kommen. (Nicht zu wörtlich nehmen!)
Meine kleine Schwester bestellt eine Frittatensuppe, für Mama und mich ein jeweils Stück Kuchen. Beim Essen beobachten wir die Kühe und Hühner. Den Aufstieg zum Muttlerkopf nehmen wir später noch mit. Es geht erst ganz lieblich hinauf, vorbei an ziemlich furchtlosen Murmeltieren, dann an Altschneefeldern. Beim letzten Stück müssen wir aber nochmal ordentlich klettern. Anschließend wandern wir auf dem Aufstiegsweg wieder hinab.
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Fazit
Die Wandertour zur Kemptner Hütte ist abwechslungsreich und anspruchsvoll. Es geht durch flache Täler, steile Pfade hinauf und schließlich über saftige Almwiesen. Dabei hat man stets einen tollen Blick auf die mächtigen Berge. Ich liebe es, immer wieder am Wasser entlangzulaufen, es zu überqueren und vor allem meine Trinkflasche jederzeit auffüllen zu können.
Einziges Manko ist der Rückweg auf dem schon bekannten Aufstiegsweg – auch wenn man natürlich eine ganz andere Perspektive auf all die Berge hat. Beim nächsten Mal werde ich aber ganz sicher weiterwandern, der E5 steht nämlich auch auf meiner Liste.
Wer nicht ganz so weit hinaus will, schafft am selben Tag auch noch den 2.368 Meter hohen Muttlerkopf (etwa anderthalb Stunden Aufstieg). Weitere Gipfel, die von der Kemptner Hütte aus erreicht werden können: der Große Krottenkopf, mit 2.656 Metern der höchste Gipfel in den Allgäuer Alpen (drei Stunden Aufstieg), sowie Mädelegabel (2.645 m, ebenfalls drei Stunden Aufstieg). Für die beiden letzten Gipfel sollte man aber definitiv eine Übernachtung einplanen.
Lage
Praktische Links
- Offizielle Website: Oberstdorf
- Wanderkarte: GPS-Track zur Kemptner Hütte
- Die 10 schönsten Wanderungen im Allgäu
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