Die meisten haben wahrscheinlich den Spielfilm mit Liam Neeson gesehen, Schindlers Liste. Nach der wahren Begebenheit und historischen Figur des Unternehmers Oskar Schindler, der durch die Arbeit in seiner Fabrik mehr als 1.000 Jüdinnen und Juden das Leben rettete. Diesen Ort gibt es wirklich, im polnischen Krakau. Heute ist er ein Museum. Ich habe es mir angesehen und verrate euch, ob sich ein Besuch der Oskar Schindler Fabrik lohnt.

Lohnt sich der Besuch im Oskar Schindler Fabrik – Museum?

Bei der Fabrik von Schindler handelte es sich um einen Betrieb, der während des Zweiten Weltkrieges Emaille-Produkte herstellte. In dieser Zeit, 1941, um genau zu sein, gaben die Besatzer in Krakau den Befehl für die Errichtung eines jüdischen Ghettos. Viele Jüdinnen und Juden wurden daraus bald abtransportiert und ermordet.

Unter den Angestellten in Schindlers Fabrik waren auch jüdische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter. Es gelang Schindler, diese vor dem Abtransport zu bewahren. Seit 2010 ist das Gebäude ein Museum, mit der Dauerausstellung: Krakau unter der deutschen Besatzung 1939–1945. Zudem gibt es wechselnde, temporäre Ausstellungen.

Fototipp: Fotografieren ist im Museum gestattet, allerdings ohne Kamera und Blitz. Wer eine Aufnahme ohne andere Menschen möchte, wird Schwierigkeiten bekommen. Eine Option ist aber die Gedenktafel an der Außenwand, mit der Inschrift aus dem Talmud: „Wer ein Leben rettet, rettet die ganze Welt.“

Anreise zum Oskar Schindler Fabrik Museum

Lage:Jüdisches Viertel Krakau
Anreise:Zug oder Tram
Must-Do:früh morgens kommen
Vorbereitung:Film Schindlers Liste schauen
Eintritt:32 PLN (6 €)*
*2023

Das Oskar Schindler Fabrik Museum ist von dem Stadtteil Kazimierz gut zu erreichen, mit etwa 20 Minuten Fußweg und einer Brückenüberquerung über die Weichsel. Für weniger mobile Personen gibt es aber auch den Zug (Station Kraków Zabłocie) oder die Straßenbahnen 3, 20, 24, und 50 zur gleichnamigen Haltestelle. In Krakau können aber auch überall E-Roller ausgeliehen werden.

Wer möchte, kann den Besuch mit einer (geführten) Tour durch das ehemalige jüdische Ghetto von Krakau verbinden, da wichtige Standorte in dem Gebiet auch in der Ausstellung des Museums wieder auftauchen.

Viele Besucher im Oskar Schindler Fabrik – Museum

„Oh wow.“ Das war meine erste Reaktion. Aber nicht, weil ich das Gebäude so beeindruckend fand, sondern weil ich die Menschenmassen vor dem Eingang des Museums gesehen habe. Draußen vor der Tür sammeln sich Reisegruppen mit Guide, Tourbusse und E-Mobile von Stadtrundfahrten. Im Foyer ist es heiß und überfüllt. Die Abfertigung mit dem Ticketkauf und dem Abgeben von Jacke und Rucksack zieht sich.

Der freundliche Herr an der Garderobe, der eigentlich der Wachmann ist, aber hier gerade einspringt, empfiehlt mir, zuerst den Kinoraum zu besuchen und dort den Film anzusehen. Ich bedanke mich und will den Vorschlag beherzigen.

Keine Atmosphäre durch Besucherandrang und Reisegruppen

Die Betonung liegt hier allerdings auf ‚will‘, denn gelungen ist es mir leider nicht. Der Grund: ich konnte den Kinosaal (trotz kostenlosem Museumsplan mit Abbildungen!) nicht finden. Und das liegt sicher nicht an meinem Orientierungssinn. Sondern daran, dass es bereits in dem ersten Raum in der ersten Etage, wo die Ausstellung beginnt, nicht mehr weitergeht.

Eine Reisegruppe versperrt den Weg. Und es wird nicht bei einer bleiben. Gefühlt werde ich im gesamten Museum von einer Sprache zur nächsten weitergereicht. Englisch, Spanisch, Französisch, Niederländisch, Deutsch. Das waren jetzt die Sprachen, die ich kann und wo ich beim Mich-Durchkämpfen wenigstens ein paar Wissensbrocken abgreifen konnte.

Wenn man allerdings mehrmals hört, wie sich ein Guide entschuldigt, dass es so voll ist und es so lange dauert, dann ist dem wohl nichts mehr hinzuzufügen. Die hohe Anzahl der Menschen, die durch das Museum (in Ermangelung eines besseren Wortes) gescheucht wird, die Enge der Gänge und die hohen Temperaturen in den Räumen machen es kaum möglich, wirklich etwas zu begreifen oder die Atmosphäre dieses historischen und sehr tragischen Ortes auf sich zu nehmen.

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Respektloses Verhalten mancher Besucher

Leider fühle ich mich bei meinem Gang durch das Museum sehr stark an das Anne-Frank-Haus in Amsterdam erinnert – und das leider auch nicht im guten Sinne. Denn auch dort ist es so voll, dass man kaum die Möglichkeit hat, die eigenen Gedanken klar wahrzunehmen, geschweige denn einmal so innezuhalten, wie es dieser Ort und die Opfer des Faschismus und der Judenverfolgung verdient hätten.

Apropos verdient haben: Leider habe ich auch in diesem Museum – wie auch etwa an dem Mahnmal zum Gedenken der ermordeten Jüdinnen und Juden in Berlin – Dinge gesehen, die mich einfach nur noch fassungslos den Kopf schütteln lassen.

Da posieren Menschen mit der Flagge des Dritten Reiches – vermutlich für Instagram – an anderer Stelle stehen Menschen Schlange, um auf „alte“ Dokumente Reichsadler mit Hakenkreuz und Davidsterne zu stempeln.
Ich lasse das jetzt einfach mal so stehen. Weil es dazu meiner Auffassung auch wirklich nichts Gescheites mehr zu sagen gibt.

Oskar Schindler kaum zu finden

Vielleicht ist es aber gerade für solche Menschen gut, wie der Fokus der Ausstellung gelegt ist. Der Großteil informiert nämlich über das besetze Polen und die Kämpfe des Zweiten Weltkrieges. Für das Modell aus dem vorherigen Bild mag das tatsächlich intellektuelles Neuland sein. Aber alle anderen, die dachten, dass sie mehr Hintergrundinformationen zu Oskar Schindler, seiner Fabrik und den geretteten, dort arbeitenden Jüdinnen und Juden bekommen würde, müssen bis etwa zur Hälfte der Ausstellung warten, bis er überhaupt erst einmal erwähnt wird. Und dann auch nur kurz.

Richtig begegnet, in dem Format, wie ich es erwartet hatte, nämlich mit einer Nennung und Darstellung der geretteten Personen und von Oskar Schindler selbst, bin ich ihm erst am Ausgang. Und das ist nicht metaphorisch gemeint. Diese Wand befindet sich nur wenige Zentimeter von der Tür entfernt, durch die Menschen das Museum wieder verlassen.

Kleine Oasen der Ruhe im Oskar Schindler Fabrik – Museum

Für Menschen, deren Familien selbst von der Shoa betroffen sind, und für alle anderen, die an diesem Ort gerne gedenken möchten, sind die Möglichkeiten zwar minimal, aber es gibt sie. Mit kleinen Oasen der Ruhe, allerdings sprechen wir hier wirklich nur von Bruchteilen von Sekunden, bevor mindestens eine weitere Person diesen Raum betritt.

Einer dieser Orte befindet sich im ehemaligen Büro von Oskar Schindler, mit einer Kunst-Installation von langen Namenslisten. Ein weiterer ist auch gleichzeitig das letzte Ausstellungsstück des Museums. Ein greller, grauer Raum, mit Aussagen von Opfern an der Wand und Säulen, die sich gebetsmühlenartig drehen.

An dieser Stelle möchte ich gerne wiederholen, was eine Guide ihrer Gruppe erzählte, die hinter mir den Raum betrat. „Hier geht es darum, dass wir verstehen, dass wir nicht so einfach urteilen sollten. Denn niemand von uns weiß so genau, wie er oder sie sich in dieser Zeit verhalten hätte. Wir können nur das Beste hoffen.“

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Fazit

Hätte ich das Museum bewusst wahrnehmen können und hätte ich die Chance gehabt, mir wirklich in Ruhe alles anzusehen, hätte ich es vielleicht sogar gut gefunden. Das Museum ist modern, mit viel Multimedia-Einsatz und künstlerisch guten Ideen. So zum Beispiel den abschließenden dunklen Gang mit weichem Boden, auf dem Besucher aus dem Museum hinauswanken – in meiner Fantasie eine Anspielung auf die Erschöpfung und Unsicherheit der Überlebenden. Aber solche Details gehen leider in der Flut der Reisegruppen und der hohen Besucherzahl völlig unter.

Hinzu kommt, dass der Name des Museums sehr irreführend ist, denn um Oskar Schindler und seine Fabrik geht es nur marginal. Die Ausstellung endet mit Stalin, also nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. An der Garderobe habe ich übrigens meinen Freund, den Security-Menschen wiedergetroffen. Er schien überrascht, dass ich bereits nach 90 Minuten wieder da war. Auf meine Frage, ob es immer so voll sei, nickt er mit dem Kopf und wirkt ehrlich traurig. Er entschuldigt sich. Ich denke, auch ihm ist klar, dass das so nicht sein sollte.

In der Umgebung könnt ihr zum Beispiel im Anschluss auf dem Krak-Hügel entspannen. Von dort oben habt ihr ein tolles Panorama über Krakau und das Umland.

Lage

Praktische Links

2 Kommentare

  1. Hallo, ich war auch in dem Museum. Bei meinen Besuch war es nicht überfüllt, aber es waren natürlich Leute da. Das mit den Karten stempeln hat einen Grund. Das sind die Karten die ab 1939 abgestempelt wurden und im Laufe der Zeit änderten sich die Karten und Stempel. Alleine deshalb hat sich für mich die deutschsprachige Führung gelohnt. Die nette Frau machten anschließend noch für zwei Personen eine Führung durch das ehemalige Ghetto. Das eigentliche fast zusammen gehört. Leute die sich daneben benommen haben, habe ich nicht feststellen können. Schade das dein Besuch so verlaufen ist.

    1. Lieber Markus, vielen Dank für dein Feedback. Schön, dass du den Besuch als angenehmer empfunden hast und dass du etwas daraus mitnehmen konntest. Das mit den Stempeln habe ich anschließend noch mit Bekannten diskutiert. Wir waren uns einig, dass wir es passender gefunden hätten, wenn sie als Ansichtsexemplare in Schaukästen als historische Stempel ausgestellt worden wären, anstatt dass neu produzierte, als historisch gestaltete Stempel fürs Entertainment angeboten werden. Das hatte irgendwie einen Beigeschmack, weil die zur Nutzung freigegebenen Stempel ja sicher nicht die historischen Originale waren.

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