Auf der Autobahn zwischen Ljubljana und der slowenischen Adriaküste bin ich unterwegs, als ich vor einer Ausfahrt das Schild „Rakov Škocjan“ erblicke. Kurz entschlossen fahre ich raus, ohne zu wissen, was mich in dem Naturreservat eigentlich erwartet. Als ich in die Schluchten und Grotten von Rakov Škocjan hinabsteige, bin ich einfach überwältigt. Zwei riesige Löcher gähnen in der Felswand über mir, hohe Bäume ragen in den Himmel hinein. Kommt mit in die spektakuläre Rakov-Škocjan-Schlucht mit den beiden sensationellen Naturbrücken Little Natural Bridge und Great Natural Bridge.
Lohnt sich ein Besuch der Rakov-Škocjan-Schlucht in Slowenien?





Die Gebirge im Südwesten Sloweniens sind von porösem Karstgestein geprägt, das brüchig und von Höhlen durchzogen ist. Rakov Škocjan ist nach dem Fluss Rak benannt, der sich seit Jahrmillionen seinen Weg durch die verwitternden Steinformationen bahnt. Er leistet dabei ganze Arbeit und unterhöhlt die Kalksteinfelsen. Immer mehr Teile der Oberfläche stürzten in die Tiefe, bis zwei gigantische natürliche Steinbrücken übrig blieben. Auf der größeren der beiden verläuft heute die Piste, auf der Autos fahren können.
Jetzt im Sommer ist der Gebirgsfluss an vielen Stellen ausgetrocknet, aber zu anderen Jahreszeiten wird er zu einem reißenden Strom, der die brüchige Landschaft mit seiner Kraft geformt hat. Erst als ich hinunter ins Flusstal laufe, überrascht mich die Große Naturbrücke in ihrer ganzen Schönheit. Ich balanciere auf dem ausgetrockneten, steinigen Flussbett und bin umgeben von beinahe senkrecht aufragenden Felsen. In der Schlucht blühen seltene Blumen und stattliche Bäume ragen nach oben.
Schließlich endet der schmale Canyon in der Weberhöhle: Hier wurde einst eine Szene von Winnetou II gedreht. Eine bezaubernde Wanderung verläuft weiter im Tal des Rak, bevor es den Hang hinauf zur Kleinen Naturbrücke geht. Aber erwartet bitte nichts Kleines! Denn auch hier ist die Natur einfach spektakulär. Von unten betrachtet, erinnert mich die Szenerie stark an die Cenotes in Mexiko. Die Rakov-Škocjan-Schlucht ist das älteste Schutzgebiet in Slowenien (seit 1949).
Fototipp: Besonders beeindruckend ist es, wenn ihr die Felsbrücken von unten betrachtet. Vom lieblichen, von Wiesen geprägten Flusstal aus habt ihr den schönsten Blick auf die Great Natural Bridge. Um die Little Natural Bridge in ihrer vollen Pracht zu erfahren, müsst ihr einen steilen Weg hinuntergehen. Am stärksten wirken die Schluchten, wenn die Sonne seitlich auf die Felsen scheint. Aber das beste Licht zu erwischen, ist auch ein bisschen Glückssache. Augen auf!
Anreise zur Rakov Škocjan
Lage: | Regionalpark Notranjska |
Länge: | ca. 3 km |
Must-See: | Große und Kleine Naturbrücke |
Einkehrtipp: | Hotel Rakov Škocjan |
Eintritt: | Frei (Stand: August 2022) |
Rakov Škocjan befindet sich etwa 45 km südwestlich der slowenischen Hauptstadt Ljubljana. Ziemlich bequem ist die Anreise mit dem Auto, denn die Schluchten liegen ganz in der Nähe der Autobahn E61 Richtung Koper/Triest. Achtet auf das große Hinweisschild zum Naturpark Rakov Škocjan. Ihr müsst die Ausfahrt „Unec“ nehmen und in der Ortschaft Unec nach Rakov Škocjan abbiegen.
Nach knapp 3 km erreicht ihr den westlichen Parkplatz, wo ein großer, detailgenauer Plan mit den eingezeichneten Sehenswürdigkeiten und Wanderwegen steht. Allerdings ist die Autobahn mautpflichtig, über mautfreie Landstraßen ist die Anfahrt komplizierter: Dann solltet ihr am besten ein Navi benutzen. Auch vom nahen Cerknica aus könnt ihr anfahren und dann am östlichen Ende der Schlucht parken.
Eine direkte Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln gibt es nicht, aber Unec, Rakek (Bahnhof) oder Cerknica werden von Ljubljana aus mit Linienbussen bzw. Regionalzügen erreicht. Von diesen Ortschaften aus könnt ihr zu Fuß oder mit dem Fahrrad nach Rakov Škocjan gelangen.
Festes Schuhwerk ist Voraussetzung
Egal, ob ihr eine Wanderung plant oder von der Piste aus die kurzen Strecken zu den Schluchten laufen wollt: Festes Schuhwerk mit gutem Profil sind Voraussetzung, denn die teilweise steilen Wege können rutschig sein. Ich empfehle Wanderschuhe. Ihr solltet trittsicher und gut zu Fuß sein. Rakov Škocjan ist bisher noch nicht stark touristisch ausgebaut. So kostet die Schlucht bisher keinen Eintritt. Die Kehrseite ist, dass es in Rakov Škocjan nur ein Hotel und Restaurant gibt.
Es empfiehlt sich also, Verpflegung mitzubringen. Bei starkem Regen oder gar Schneefall würde ich den Besuch der Schluchten weniger empfehlen. Bei gutem Wetter allerdings solltet ihr viel Zeit einplanen, um diese Naturschönheit für euch zu entdecken. Dann aber Sonnencreme nicht vergessen!
Spaziergang zur Großen Naturbrücke
Vom westlichen Parkplatz führt ein steiniger Pfad weg von der Piste zu einer Kirchenruine. Zur Verehrung des namensgebenden Heiligen Škocjan (Deutsch: St. Kanzian) pilgern bis heute ab und zu Gläubige hierher. Lauft ihr auf dem Pfad weiter, der bald wieder auf die Piste stößt, seht ihr rechts die Bäume aus einer tiefen Schlucht herausragen und in der Ferne könnt ihr schon einen Blick auf die Weberhöhle erhaschen. Streng genommen seid ihr jetzt schon auf der Großen Naturbrücke. Aber ihr wollt dieses Naturwunder ja auch sehen, oder?
Von oben kann man einen Blick auf die Wiesen entlang des Flusses werfen. Ich habe einige Zeit gebraucht, um zu verstehen, dass ich zuerst ein paar Minuten nach unten zu den Wiesen laufen muss, um die Great Natural Bridge in voller Schönheit bewundern zu können. Der Anblick von unten ist faszinierend: Wie ein riesiger Bohrer hat sich das Wasser seinen Weg durch das Gestein gebahnt. Bei meinem Besuch jedoch war hier kaum Wasser zu sehen.
Ich konnte auf dem weitgehend ausgetrockneten Flussbett unter der Naturbrücke (Höhe: ca. 37 m) hindurchlaufen und den engen Canyon betreten. Auch auf der rechten Seite der Great Natural Bridge gibt es einen steilen Abstieg hinunter, sodass ihr die Schlucht bei normalem Wasserstand ebenfalls betreten könnt.
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Die Weberhöhle Tkalca Cave
Nach der Großen Naturbrücke geht es rechts einen extrem steilen Weg in die Tiefe. Oben stehen Warnschilder, dass dieser Pfad gefährlich werden kann. An diesem Spätsommertag habe ich den Abstieg über Stock und Stein gewagt. Bis zu einem Meter hohe, feuchte Felsen mussten überwunden werden. Über einen ziemlich krassen Geröllhang bin ich schließlich unten in der Weberhöhle angelangt. Laut einer Legende soll hier ein Weber heimlich am Sonntag, dem Ruhetag, seiner Arbeit nachgegangen sein.
Er wurde von den eigentlichen Bewohnern der Höhle, von Hexen und Zauberern überrascht und in einen Stalagmiten verwandelt. Schwemmholz zeigte bei meinem Besuch die Stelle an, bis zu welcher der Fluss bei Hochwasser reichte. Durch einen klaffenden „Höllenschlund“ im Felsen fließt das Wasser in der meisten Zeit des Jahres unterirdisch ab, aber jetzt stand hier nur ein Tümpel. So oder so ist die Szenerie atemberaubend und bietet einen Hauch von echtem Abenteuer. Gerade weil hier alles noch so weitgehend naturbelassen und relativ wenig besucht ist! Auch wenn ich eine Familie herab stolpern gesehen habe, würde ich euch diese Tour eher nicht empfehlen, wenn ihr Kinder dabei habt.
In der Schlucht unterhalb der Kleinen Naturbrücke
Vom östlichen Parkplatz aus könnt ihr auf einem kurzen Spaziergang bis zur Little Natural Bridge laufen und über diese schmalere Naturbrücke (Höhe: 42 m) gehen. Von oben ist der Blick in die Tiefe schon vielversprechend, aber wenn ihr erst den steilen Weg hinuntergeht und in der Schlucht angelangt seid, wird es wirklich großartig. Die ursprüngliche Karstoberfläche ist an zwei beinahe kreisrunden Stellen eingebrochen und ihr seht direkt über euch den Himmel und die Baumwipfel.
Ein Pfad und eine winzige, aber manchmal sehr rutschige gemauerte Brücke führen euch auch bei normalem Wasserstand durch die Schlucht und bis zur Zelške Jama. Diese ist Überrest einer einstmals riesigen Höhle, die mittlerweile größtenteils eingestürzt ist. In dem Canyon erinnerte mich ein Teich an den Fluss Rak, der im Frühjahr reißend werden kann. Oben steht bei der Little Natural Bridge ein Warnschild, dass der Abstieg auf eigene Gefahr erfolgt. Mir erschien der Weg zumindest bei trockenem Wetter weniger problematisch.
Wandern in Rakov Škocjan
Lauft ihr links von der großen Naturbrücke hinunter ins weite Tal, könnt ihr am Flussufer entlang eine idyllische Landschaft erleben. Als ich hier war, stand das Wasser an manchen Stellen und anderswo war der Fluss komplett ausgetrocknet. Auf dem 7,5 km langen Rakova Pot (auf der Karte rot eingezeichnet) kommt ihr an allen großen Sehenswürdigkeiten, darunter auch an sprudelnden Unterwasserquellen vorbei.
Der 4,5 km lange Tkakceva Pot (gelb) lässt die Little Natural Bridge aus und verläuft nur im Westen von Rakov Škocjan. Der kürzeste Weg, der Jamarska Pot (braun, 2,3 km) erreicht nur den östlichen Bereich ohne die Great Natural Bridge. Ich habe mich mit einigen längeren Abschnitten auf dem Rakova Pot begnügt und dabei schon einen unvergesslichen Eindruck gewonnen.
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Fazit
Seid ihr zwischen den Julischen Alpen und der slowenischen Riviera unterwegs, dann lohnt sich die Rakov-Škocjan-Schlucht als Stippvisite für mindestens ein paar Stunden. Ihr könnt so einen Einblick bekommen in die grandiose Karstlandschaft im Südwesten Sloweniens, die tatsächlich Kras (Deutsch: Karst) heißt. Aber wenn irgendwie möglich, solltet ihr mindestens einen ganzen Tag für einen Besuch veranschlagen. Bei gutem Wasserstand könnt ihr hier sogar Kanufahren. Und die Schlucht ist nicht die einzige Sehenswürdigkeit im Regionalpark Notranjska.
Auch der Cerkniško Jezero (Deutsch: Zirknitzer See) nahe der Ortschaft Cerknica, ein großer Karstsee (bis zu 30 km2) ist die Reise hierher wert. Ich war dort und habe mich überzeugen können: Im Sommer war das Wasser durch das poröse Karstgestein versickert. Nur ein paar sumpfige, von Schilf umgebene Reste erinnerten mich an den See. Im Frühjahr aber wird hier sogar gesurft und der Fischreichtum lockt Angler an. Auch die berühmte Höhle von Postojna und die Wasserhöhle Križna Jama (Cross Cave) mit ihren unterirdischen Seen lohnen unbedingt.
Und dann wären da noch die Höhlen von Škocjan weiter südwestlich, denen es vielleicht zu verdanken ist, dass die beinahe namensgleiche Schlucht Rakov Škocjan bisher noch relativ wenig auf dem Schirm der Reisenden ist. Ich persönlich werde zu einer anderen Jahreszeit wiederkommen, denn ich möchte sehen, wie es hier aussieht, wenn der Rak im Frühjahr oder Herbst wirklich zu dem reißenden Fluss wird, dem wir diesen faszinierenden Canyon verdanken.
Lage
Praktische Links
Offizielle Website des Regionalparks Notranjska
Die 10 besten Sehenswürdigkeiten von Slowenien